Dürresommer in Tirol: Kahle Wiesen werden klimafit gemacht
Dürresommer haben in Tirol für massive Schäden in der Landwirtschaft gesorgt. Kahle Wiesen werden ab heuer an den Klimawandel angepasst.
Von Matthias Reichle
Fließ – Trockene Grashalme, handtellergroße Flächen, auf denen gar nichts mehr wächst, dazwischen einige besonders widerständige Arten, die überlebt haben, saftige Wiesen sucht man hier vergeblich. Nach zwei Jahren mit extrem trockenen Sommern haben sich die Felder rund um Fließ noch nicht erholt. „Normalerweise hole ich sechs Fuhrladungen vom Feld, heuer waren es zwei“, erklärt Bauer Stefan Gebhart, „die Grasnarbe ist zu geschädigt, die Futterknappheit geht weiter.“ Die Wiese, auf der er steht, gilt normalerweise als Gunstlage.
Andere Flächen dürfte es noch schlimmer erwischt haben. 2018 verzeichneten Fließer Betriebe, die besonders stark betroffen waren, Einbußen von 80 bis 90 Prozent bei der Heuernte. „Momentan ist es sehr schön und grün, aber vor zwei Jahren war die Sonnseite rot“, erinnert Ortsbauernobmann Peter Schlatter an dieses Dürrejahr, „es war alles tot“.
Auf den kahlen Stellen sollen bald Knaulgras, Rotschwingel, Glatthafer oder die Luzerne wachsen. Letztere wurzelt einen Meter tief, wie Peter Frank, Geschäftsführer der Landecker Bauernkammer, erklärt. „Sie überdauert dadurch auch längere Trockenperioden.“ Bei all diesen Arten handelt es sich um besonders dürreresistente Pflanzen, die auch bereits auf den Wiesen vorkommen. Ihr Anteil soll langfristig gestärkt werden.
Das Land fördert ab heuer ein zweijähriges tirolweites Sanierungsprojekt für Wiesen – durch an den Standort angepasste Saatmischungen sollen von Dürre bedrohte Böden damit auch klimafit gemacht werden.
Die Auswirkungen des Klimawandels spüren die Landwirte nämlich längst. „2018, bei der extremen Trockenheit, lagen wir in Fließ 2,3 Grad über dem langjährigen Mittel. 2019 waren es 1,9 Grad“, so Frank. „Auf die steilen Südlagen knallt die Sonne besonders hin, die Gräser werden dann komplett ausgebrannt.“ Am 26. Juni 2019 wurde auch der bisherige Hitzerekord in der Gemeinde, die auf 1070 Metern Seehöhe liegt, gemessen: 36,4 Grad. „Auch der heurige April lag wieder 5,2 Grad über dem langjährigen Mittel“, so Frank. Beim ersten Schnitt haben viele Bauern deshalb nur rund die Hälfte der erwarteten Heuernte eingebracht. Zur Hitze kommt der fehlende Niederschlag. In einer Region wie dem Obergricht, in der im Jahresmittel ohnehin nur 720 Millimeter fallen, bleibt er in den entscheidenden Monaten April, Mai, Juni, Juli immer öfter aus.
Das Geld für die Nachsaat kommt aus dem Corona-Konjunkturpaket des Landes. 2020 und 2021 werden jeweils 500.000 Euro an Förderungen ausgeschüttet, wie Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler erklärt. „2018 und 2019 hat man gesehen, wohin uns die Trockenheit in Zukunft führen könnte“, betont er. In den nächsten zwei Jahren will man versuchen, möglichst viele Flächen zu sanieren. Bei einer Nachsaat bekommt der Bauer eine Unterstützung von 160 Euro pro Hektar (Eigenmittel: 100 Euro), bei einer Neuanlage der Wiese eine Unterstützung von 250 Euro pro Hektar (Eigenmittel: 250 Euro). Einen Dürreschaden muss der Landwirt nicht nachweisen.
Ab Mitte April startet das Projekt, das vom Maschinenring abgewickelt wird.