Brennpunkt Bundesheer

Kritik von Generalleutnant Reißner: „Gelinde gesagt unprofessionell“

Reißner hält mit seiner Systemkritik nicht hinterm Berg.
© „ballguide/Mednitzer“

Der Kommandant der Landstreitkräfte Franz Reißner geht mit Strukturanpassungen der letzten Jahre hart ins Gericht.

Graz – Dieses Déjà-vu hätte sich Generalleutnant Franz Reißner gerne erspart. Seit 2016 befinden sich das operative Kommando und die nachgeordneten Ebenen und Truppenkörper in permanenter Neugliederung. „Manche glauben, wenn wir eine andere Truppeneinteilung machen, können wir damit unsere Probleme lösen. Darauf fiel leider bisher jede Ressortleitung hinein“, geht der Kommandant der Streitkräfte auch mit den Planern im eigenen Haus hart ins Gericht.

Die jüngsten Pläne sahen eine Abkehr vom Schwerpunkt der klassischen militärischen Landesverteidigung, eine Verschmelzung der Brigaden mit den Militärkommanden und die Zusammenführung der darüberliegenden Befehlsebenen, konkret dem Streitkräftekommando mit der Sektion Einsatz im Ministerium, vor. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (VP) geriet dafür politisch schwer unter Beschuss, musste beim Bundespräsidenten zum Rapport und relativierte dann die von ihrem Stabschef kommunizierten Vorhaben.

„Gelinde gesagt unprofessionell“ nennt Reißner das Vorgehen in den letzten fünf Jahren. Strukturänderungen seien mehrfach „aus dem Bauch heraus“ und ohne begleitende wissenschaftliche Prozesse und wirtschaftliche Analysen der Politik vorgeschlagen worden. Als Beispiel nennt er die damals geplante Aufstellung von zusätzlichen Einheiten bei gleichzeitig sinkender Zahl Grundwehrdienern und fehlender Ausrüstung.

Reißner will den Zustand des Bundesheeres nicht allein an dessen chronischem Finanzmangel festmachen. Ebenso lähmend für eine einsatzorientierte Organisation sei die schwerfällige Administration, hervorgerufen durch „höchst komplizierte und unübersichtliche Verhältnisse im Dienst- und Besoldungsrecht“. Mehr als 80 rechtliche Konstrukte existieren im Heer.

Der Zentralismus, der auch jede kleinste Beschaffung und jede Neuaufnahme zum bürokratischen Hindernislauf mache, erinnere an die 50er-Jahre. Warum dieser Missstand noch von keiner Regierung ernsthaft angegangen wurde? Reißner: „Manche im Apparat sind es so gewohnt und können in ihrer Komfortzone bleiben, schlagen es daher gar nicht vor.“

Die „Brigadefähigkeit“ verteidigt er gegen alle neuen Reformvorhaben, „ohne Brigadestruktur gäbe es keine Armee“. Und eine koordinierende übergeordnete Ebene – wie eben die Streitkräfte – sei unabdingbar. (RomBold)