Expertengruppe drängt auf Reform der Europaregion
In einem Maßnahmenpapier, das beim Forum Alpbach präsentiert wird, raten Fachleute unter anderem zu einer Stärkung der Euregio-Versammlung.
Von Benedikt Mair und Peter Nindler
Innsbruck – Es muss sich intern etwas ändern, will die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino die in den nächsten Jahren anstehenden Herausforderungen aktiv und gemeinsam als Euregio aufgreifen. Das schlussfolgern über 30 Expertinnen und Experten aus allen drei Ländern, die im Rahmen des Euregio-Labs über mehrere Monate hinweg die Frage nach der Zukunft des Regionen-Verbundes aufgearbeitet haben. Neben dem Fokus auf die gemeinsamen kulturellen Wurzeln und einer selbstbewussteren Kommunikationsstrategie fordern die Fachleute vor allem eine Reform der inneren Strukturen und eine Stärkung der Entscheidungsorgane. Am Tirol-Tag (23. August) sollen die Ergebnisse offiziell vorgestellt werden.
„Wenn die Euregio nicht bereit ist, sich zu ändern, wird sie weiter ein sehr eingeschränktes Dasein führen“, sagt Franz Fischler, Präsident des Europäischen Forums Alpbach. Im kommenden Jahr wird die Euregio in ihrer institutionalisierten Form als EVTZ (Europäischer Verbund territorialer Zusammenarbeit) 10 Jahre alt. Für Fischler, der das Forum Alpbach heuer das letzte Mal als Präsident begleiten wird, steht fest, dass „die Euregio eine zukunftsweisende rechtliche Grundlage braucht. Diese könnte sie sich selbst zum Geburtstag schenken“, meint Fischler. Klar sei, dass „ohne Änderungen der rechtlichen Grundlagen nicht viel erreicht werden kann.“
Das sehen auch die Experten des Euregio-Labs so. In ihrem Maßnahmenpapier, wird unter anderem dazu aufgerufen, „Vereinbarung und Statut des EVTZ weiterzuentwickeln“. Auf Kritik stößt die fehlende Bürgernähe der Europaregion, die Ineffizienz der Entscheidungsstrukturen und das schmale Aufgabenspektrum, innerhalb dessen die Euregio tätig werden kann. Ausbaufähig ist auch die Zusammenarbeit zwischen Euregio und den regionalen Verwaltungen Tirols, Südtirols und des Trentinos.
„Es wurden drei Top-Prioritäten für eine institutionelle Reform der Euregio genannt“, sagt Fischler. „Es wird eine Abkehr davon gefordert, dass es nur das Generalsekretariat in Bozen gibt.“ In Zukunft sollen in allen drei Ländern operative Sitze geschaffen werden, die es erlauben würden, die Bevölkerung stärker an die Euregio zu binden.“
Ein zentrales Anliegen sei laut Fischer die Aufwertung der Euregio-Versammlung. Das wichtigste politische Organ der Europaregion, dort wo Richtlinien und Budgets beschlossen werden, solle „mehr Entscheidungsbefugnisse“ erlangen. Auch eine Ausweitung der Kompetenzen und der Kooperationsbereiche werde angeregt. Über das jetzt schon oft diskutierte Verkehrsthema hinaus müssen sich Tirol, Südtirol und das Trentino laut der Experten auch in anderen wichtigen Zukunftsfragen – wie dem Umweltschutz oder der Tourismusentwicklung – enger vernetzen, Erfahrungswerte intensiver austauschen, sowie wegweisende Projekte – etwa im Gesundheitssektor oder bei Verwaltungsneuordnungen – gemeinsam angehen.
„Stärker miteinbezogen werden sollten auch die Gemeinden“, sagt Franz Fischler und nicht zuletzt wird auch der Wunsch formuliert, die Zivilgesellschaft enger in die Beschlussfassungsprozesse mit einzubeziehen. Denkbar sei hier etwa ein Bürgerrat nach Vorarlberger Vorbild.
Die Vorschläge der Fachleute liegen auf dem Tisch, sagt Forum-Alpbach-Präsident Fischler. Nun liegt es an den Landeshauptleuten, Günther Platter, Arno Kompatscher und Maurizio Fugatti, die notwendigen Entscheidungen zu treffen und sich dazu zu bekennen, dass sie eine Reform der Euregio wollen.“ Für ihn sei diese jedenfalls notwendig und sinnvoll.