Innsbruck

„Die Dreigroschenoper“: Gagfeuerwerk mit Gesang am grünen Hügel

Jetzt ist eine gute Ausrede gefragt: Mackie Messer (Francesco Cirolini) wird von zwei seiner Liebschaften in die Zange genommen. Daniela Bjelobradic (l.) als Polly, Tamara Burghart als Lucy.
© Lisa Kapici

Der aus der Covid-Not geborene Theaterverein „Die Volkskantine“ kredenzt Brechts „Dreigroschenoper“ als sommerlich-spritzige Komödie.

Von Markus Schramek

Innsbruck – Bert Brechts Meister- und Gaunerstück „Die Dreigroschenoper“ nach kurzer Probenzeit abendfüllend auf eine Freilichtbühn­e zu hieven: Da herrscht akut­e Glatteisgefahr mitten im Sommer. Ein Bauchfleck ist nicht auszuschließen. Der im Corona-Lockdown gegründete Theaterverein „Die Volkskantine“ mit Obfrau Lisa Hörtnagl besteht seine Feuertaufe jedoch mit Bravour. Die Premiere Donnerstagabend im Park von Schloss Mentlberg in Innsbruck wird zum gefeierten Spektakel.

Regisseurin Susi Weber hat sich für einen heiter bis komödiantischen Zugang zu Brechts Vorlage entschieden. Warum auch nicht, schließlich waren die letzten Monate kopflastig und schwer genug.

Unter solchen Vorzeichen ist das eilig gezimmerte Spiel im Schlosspark umso bemerkenswerter. Theaterschaffende der freien Szene waren es leid, zusehen zu müssen, wie Termin um Termin Corona zum Opfer fiel. Eigeninitiative lautete die Gegen-Devise. Die Politik in Stadt und Land und der örtliche Tourismusverband waren so überrascht wie begeistert und sorgten mit 160.000 Förder-Euros für die finanzielle Machbarkeit.

Beträchtlich ist nämlich der Aufwand an Mensch (40 Beteiligte) und Technik (überdachte Zusehertribüne, alle Schauspieler mit Mikros verkabelt). Und seeeehr (sic!) weitläufig ist das Spielgelände am grünen Hügel zwischen Schloss (in sündiges Bordellrot getaucht) und Kapelle.

Ein ideales Turngelände als­o, und so bricht alsbald ein actionreiches Räuber-und-Gendarm-Spiel aus zwischen – für Bestechung durchaus empfänglichen – Ordnungshütern und dem räuberischen Dreamteam, das Oberganov­e Macheath, alias Mac alias Mackie Messer, in Londons Unterwelt um sich schart.

Doch Schauspielen ist bei der „Dreigroschenoper“ nur die halbe Miete. Kurt Weill hat die genialen Begleitsongs komponiert, darunter einen Gassenhauer: „Die Moritat von Mackie Messer“ (mit dem viel zitierten Haifisch samt Zähnen im Gesicht). Wie ein Wesen, das frisch aus der Gosse aufgetaucht ist, eröffnet Rafael Haider mit schöner Stimme und dem Haifisch-Song den Abend.

In der weiteren Besetzung sind keine mutmaßlichen Song-Contest-Teilnehmer zu orten, doch die (gesanglichen) Leistungen können sich hören und sehen lassen. Daniela Bjelobradic spielt und singt sich als Mackies zeitweises Liebchen Polly nachgerade ins Operettenfach. Francesco Cirolini hat als Mackie Gesangshürden zu überwinden, er wird immer lockerer, je länger der Abend dauert.

Brigitte Jaufenthaler (in der Rolle von Pollys Mama Frau Peachum) brilliert als dauer-illuminierte Schnapsdrossel. Daniel Klausner, als Bettler-Lehrling Filch, ist der Mann für die waghalsigen Stunts.

Angeleitet von Dirigent Kasper de Roo schmettert die topbesetzte Liveband den passenden Sound Richtung Nachthimmel, schräg und auf den Punkt, eine große Stütze für den Cast.

2,5 Stunden lang jagt eine Pointe die nächste Wuchtel, den nächsten Gag. Gelegentlich, wie beim nicht enden wollenden Kopulationsgetue unter der Tuchent, ist es des gut Gemeinten doch zu viel.

Sei’s drum. Es darf gelacht werden und es wird. Brechts immerwährende Sentenzen wie jene, dass zuerst das Fressen kommt und dann erst die Moral, fügen sich in den grundheiteren Duktus nur am Rande ein. Hier und heut­e steht klar der Spaß im Vordergrund, vor und auf dieser Bühne im Freien.

Die Dreigroschenoper

Bis 23.8. Schloss Mentlberg, Innsbruck.

Infos: www.dievolkskantine.com

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