Filmkritik

„Grias di, how are you?“: Zwei Bayern reisen in "Ausgrissn!" durch die USA

Die bayerischen Brüder Julian und Thomas Wittmann gehen auf große Amerika-Reise. Ihr Filmteam bleibt dabei unsichtbar.
© Lunafilm

Der Doku-Spielfilm „Ausgrissn!“ führt in die USA und erzählt vom Heimweh nach Bayern. Gedreht wurde der Film 2018, als man ohne Corona-Krise noch sorglos durch das Land tuckern konnte.

Innsbruck – Reisen im Kopf oder im Kino ist das Motto für den Sommer 2020. Heuer hätte der USA-Roadtrip der Brüder Julian und Thomas Wittmann jedenfalls ganz anders ausgesehen, durch ein von Corona- und Rassismus-Krise gezeichnetes Land am Abgrund. 2018 konnten die beiden mit ihren Mopeds als Reisende noch sorglos nach Las Vegas tuckern.

Im Gepäck hatten sie dabei ordentlich viel bayerisches Lokalkolorit: Lederhose und heimische Bierspezialitäten als Kuriosum im Amerika-Kontext blinkender Lichter und Stars ’n’ Stripes.

Der Weg führt sie vom Containerschiff direkt zum New Yorker Times Square und dann in die Weite der Südstaaten, „immer offen für Gespräche über die große Freiheit“, für die die USA immer noch herhalten müssen. Der Trump’sche Kulturkampf der früheren „Freiheits-Nation“ lässt sich trotz Sightseeing beim Weißen Haus und Ausflug mit dem Ex-Soldaten zum Schießstand nur erahnen. In Nashville jammen sie mit Erdinger Stiftsbräu-Bier und versuchen sich dann an einem texanischen Riesensteak-Esswettbewerb. Etwas Würze bringt dann noch die Begegnung mit dem krebskranken Hell’s-Angels-Ex-Knacki auf der Route 66, der den beiden Moped-Bayern Marihuana verkauft.

„Ausgrissn! In der Lederhosn nach Las Vegas“ ist eine Reisedoku. Das Genre lieferte schon allzu oft Fernweh-Fremde ins Kinowohnzimmer. In „Ausgrissn!“ steckt jedoch mindestens genauso viel Spielfilm. Das macht das falsche Versprechen authentischer Erfahrung trotz etwas Selbstironie problematisch unecht. Zu viele gebrochene Reise-Illusionen reißen Löcher in die Doku-Fiktion.

„Normalerweise is da immer a hübsches Pärchen unterwegs“, heißt es im angenehm metafiktionalen Rahmenhandlungs-Prolog, „De hätten viel hipper sein müssen!“ Nicht nur der Dialekt-Dialog mit Kabarettistin Monika Gruber führt unterwegs immer wieder zurück ins bayerische Wirtshaus. Auch auf der Reise ist ein unsichtbares dreiköpfiges Filmteam mit dabei, das perfekte Bilder und klaren Ton liefert.

Gut gescriptete Erlebnisse innerhalb der super geschnittenen Roadmovie-Blaupause gibt es für die Jungs aber doch zu wenig. So erzählt der Filmtrip durch die USA am Ende mehr vom Heimweh nach Bayern, wo die Welt trotz Raunzen über Unfreiheit doch noch in Ordnung ist, mit Bayrisch-Hell statt Corona und etwas anderen Trump-Figuren. (maw)

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