Festwochen der Alten Musik: Ein Blick zurück vor innigem Gebet
Ein beziehungsreiches Beethoven-Fest der Festwochen der Alten Musik im Tiroler Landestheater.
Von Ursula Strohal
Innsbruck –Festwochen-Intendant Alessandro De Marchi wählte für seine eigenen Beiträge heuer einen ganz engen zeitlichen Rahmen, der die angesteuerte Thematik umso deutlicher darstellte und sowohl inhaltlich als auch stilistisch viel preisgab. Die Eröffnungsoper, Ferdinando Paërs „Leonora“, zielte im Beethoven-Jahr ab auf dessen „Fidelio“ und frühere „Leonore“. Zum Vergleich mit Paër böte sich Beethovens zweite Fassung (die hauptsächlich gespielte ist die dritte von 2014) an. In beiden Werken sind musikalische und dramaturgische Grenzen, und mehr noch, Konventionen und Entwicklungen, festgelegt.
Beethoven kannte Paërs Oper, die 1804, im Jahr vor seiner eigenen ersten Vertonung dieser Geschichte einer überlebensgroßen Gattenliebe, herauskam, und er kannte zwangsläufig die gemeinsamen Wurzeln, zu denen der seinerzeit große Luigi Cherubini zählte. Beethoven übernahm sogar im Wesen einige Wirkungen aus Paërs Oper, prägend das Trompetensignal, das zum politischen Befreiungssymbol wurde.
Die Entstehungsgeschichte von Beethovens „Fidelio“ ist kompliziert, zu den drei Fassungen der Oper gehören vier Ouvertüren. Die zweite und dritte zeigen einen grandiosen Weg von der Programmouvertüre zur symphonischen Dichtung, die vierte reduzierte in notwendiger Ökonomie. Die so genannte erste Leonoren-Ouvertüre, entstanden 1806/07, zog Beethoven zurück. Sie kommt ohne Zitate aus, ausgenommen aus der Florestan-Szene. Trotz einiger heldischer Einsprengsel ist sie lyrischer gefasst als die anderen, Cherubinis Erbe ist nahe.
Diese „Leonore I“ stand am Beginn des „Beethoven!“-Konzertes am Montag im Tiroler Landestheater. De Marchi nahm sie episch, hell, von den Vätern gespeist. Dann, aus demselben Entstehungsjahr, von derselben Tonart ausgehend, Beethovens C-Dur-Messe, ein wegweisendes, dennoch mit Joseph Haydn verbundenes Werk. Ein Auftrag des Fürsten Esterházy, als Haydn, Mitte siebzig, keine große Messe mehr schreiben wollte. Aber Beethovens ambitioniertes Werk war dem Fürsten zu modern.
De Marchi und das Festwochenorchester, weitgehend präzise, klanglich engagiert, aber vornehmlich verhalten, dazu das sehr engagierte und ausgewogene „Vokalprojekt“ im Chorpart und die großartigen Solisten Laura Aikin, Anke Vondung, Werner Güra und Georg Nigl setzten auf Innigkeit und weichen Fluss. Im Benediktus ging ein Zauber auf, der alle so erfasste, dass eine gültige Wiederholung möglich war.