Tichanowskaja hat Hoffnung auf Machtwechsel in Weißrussland

Die weißrussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hat trotz der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko noch die Hoffnung auf einen Machtwechsel in der ehemaligen Sowjetrepublik. Früher oder später müsse Präsident Alexander Lukaschenko gehen, sagte Tichanowskaja am Samstag in ihrem Exil im benachbarten Litauen.

Das Volk von Weißrussland werde es dem seit 26 Jahren autoritär regierenden Lukaschenko nicht mehr erlauben, es so zu behandeln wie bisher. Sie sehe sich dabei aber nicht als Politikerin sondern vielmehr als ein Symbol des Wandels und wolle helfen, eine Neuwahl zu erreichen, aber nicht mehr für das Präsidentenamt kandidieren. Am Montag will sie mit US-Vizeaußenminister Stephen Biegun in Litauen über die Krise in Weißrussland sprechen, wie ihr Team mitteilte.

Die weißrussische Opposition erkennt den Sieg von Lukaschenko nicht an. Sie wirft ihm Wahlbetrug vor und reagierte mit Demonstrationen, gegen die Sicherheitskräfte teils brutal vorgingen. Am Samstag drohte Lukaschenko der russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge mit der Schließung von Fabriken, deren Arbeiter sich an den Protesten beteiligt hatten. Auch eine mögliche Entlassung von Arbeitern habe er angedeutet.

Sie fühle sich verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Demonstranten in ihrem Heimatland zu unterstützen, aber nicht mehr als Präsidentschaftskandidatin, sagte Tichanowskaja. „Während des Wahlkampfes habe ich mich nicht als Politikerin gesehen, aber ich habe mich nach vorne gedrängt“, sagte sie. „Ich sehe mich nicht in der Politik. Ich bin keine Politikerin.“ Am Freitag hatte sie erklärt, dass auch ihr Ehemann nicht mehr an einer Kandidatur interessiert sei. Die frühere Englisch-Lehrerin war anstelle ihres Mannes gegen Lukaschenko angetreten, nachdem der regierungskritische Blogger im Mai festgenommen worden war.

Tichanowskaja war kurz nach der Wahl aus Sicherheitsgründen nach Litauen geflohen und hatte bereits zuvor ihre beiden Kindern dorthin gebracht. Vor wenigen Tagen hatte sie noch ihre Bereitschaft zur Machtübernahme signalisiert.

Das Schicksal habe ihr eine Rolle zugewiesen, die sie nicht aufgeben dürfe, sagte Tichanowskaja. „Ich verstehe, dass ich hier in Sicherheit bin, aber all die Menschen, die in Belarus für mich gestimmt haben ... brauchen mich als Symbol. Sie brauchen die Person, für die sie gestimmt haben. Ich könnte mein Volk nicht verraten.“ Sie habe regelmäßig mit Videoaufrufen versucht, den Schwung der Proteste aufrechtzuerhalten. Auch habe sie Anrufe von führenden Politikern aus dem Ausland erhalten. Sie nannte unter anderem die USA, Großbritannien, Deutschland, Polen und Kanada. Sie habe lediglich darum gebeten, die weißrussische Öffentlichkeit zu unterstützen und die Souveränität des Landes zu respektieren.

Lukaschenkos Autorität sei schwer beschädigt, sagte Tichanowskaja. Die Dinge in Weißrussland seien im Wandel, selbst wenn es ihm gelänge, sich vorerst an der Macht zu halten. „Das weißrussische Volk hat sich in diesem Jahr verändert.“ Es werde Lukaschenko nicht als Präsidenten akzeptieren können und ihm nicht erlauben, ihn so zu behandeln, wie es ihn zuvor behandelt habe. „Ich bin sicher, dass er früher oder später gehen muss.“