Totales Chaos an Kärntner Grenze: 10 Stunden Wartezeit
Die seit Samstag geltende Verordnung zu den Grenzkontrollen bei der Einreise nach Österreich hat in der Nacht auf Sonntag für ein totales Chaos gesorgt. Beim Karawankentunnel mussten heimreisende Urlauber laut Polizei bis zu zehn Stunden warten, beim Loibltunnel sieben Stunden. In der Früh wurden Lockerungen der Kontrollen verkündet. Die Staus verringerten sich danach allmählich.
Behörden entschieden, die strengen Kontrollen für die Einreisenden aus Slowenien zu lockern. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) erklärte, er habe wegen Gefahr im Verzug angeordnet, dass bei Transitreisenden nur noch stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden: „Das Menschenwohl steht da im Mittelpunkt.“
Kaiser habe mit dem Gesundheitsministerium telefoniert und darauf hingewiesen, dass die rigorose Umsetzung der Verordnung zu unzumutbaren Zuständen führe, allein die Hygiene-Situation sei untragbar. „Diese Verordnung war auch nicht abgesprochen. Wir werden morgen im Koordinationsgremium des Landes besprechen, wie wir weiter vorgehen.“
Im Lauf des Vormittags verringerten sich die Staus an den Grenzübergängen von Slowenien nach Kärnten langsam. Knapp vor Mittag war die Kolonne vor dem Karawankentunnel auf slowenischer Seite „nur“ noch fünf Kilometer lang, mit fallender Tendenz, wie es von der Polizei hieß. Am Loiblpass gab es überhaupt keinen Rückstau mehr. „Die Situation ist wieder normal“, hieß es auf Anfrage der APA.
Im Landespolizeikommando hatte praktisch die ganze Nacht das Telefon geklingelt. Reisende riefen an, um sich zu beschweren, Anfragen aus Deutschland trudelten ein, ob das denn stimme. Die Wartenden waren für einen derartigen Megastau nicht gerüstet, es taten sich grundsätzliche Probleme auf wie etwa die Frage, wo man auf die Toilette gehen konnte. Da musste teilweise die Autobahn herhalten. Den Reisenden gingen zudem die Getränke aus, keiner hatte damit gerechnet, die ganze Nacht vor dem Tunnel warten zu müssen.
Grund für die rekordverdächtigen Grenzwartezeiten war die neue Verordnung der österreichischen Bundesregierung. Demnach müssen die Behörden von sämtlichen Reisenden die Personalien erfassen, auch wenn sie Österreich nur durchqueren. Am Samstag und in der Nacht auf Sonntag waren vor allem deutsche und niederländische Urlauber auf der Heimreise. Nicht wenige von ihnen machten ihrem Ärger telefonisch bei der Polizei Luft.
Mitverantwortlich für die Zustände ist eine „Erklärung zur Ein- und Durchreise“, die auf Rat des Gesundheitsministeriums rechtzeitig im Voraus auszufüllen wäre, um den Grenzübertritts zu beschleunigen. Das Formular ist Teil der Verordnung zu den Grenzkontrollen.
Für Reisende ist das Ausfüllen des Formulars verpflichtend, wenn sie aus Ländern kommen, in denen keine stabile Pandemie-Situation herrscht, ein- oder durchreisen. Eine Durchreise durch Österreich ohne Zwischenstopp ist erlaubt, die Betroffenen müssen dies aber bestätigen. Anderenfalls müssen sie sich zu einer zehntägigen Heimquarantäne verpflichten, sofern sie keinen negativen Coronatest vorlegen können.
Die Opposition nützte das Chaos an der Südgrenze für einen Frontalangriff auf Gesundheitsminister Rudolf Anschober. „Minister Anschober kann es offenbar einfach nicht“, stellte FPÖ-Chef Norbert Hofer fest und forderte den Minister zum Rücktritt auf. „Das Vorgehen der Regierung ist äußerst stümperhaft“, befand auch SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Die beiden Oppositionspolitiker bezogen sich dabei auch auf Kritik von Rechtsanwaltskammertag-Präsident Rupert Wolff an der geplanten Novelle zum Corona-Gesetz.