Dokumentarfilm

Das Fieber“: Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme

Rehema Namyalo wird in „Das Fieber“ zur Symbolfigur für persönliches Engagement: Sie setzt auf die Heilpflanze Artemisia annua.
© pooldoks

Ewig gleicher Blick verweigert: Die Doku „Das Fieber“ verlegt mitten in der Corona-Krise den Fokus auf die vergessene Epidemie Malaria.

Von Barbara Unterthurner

Innsbruck – Es dauerte drei Tage. Das zuerst leichte Fieber des Kindes stieg unaufhörlich, erklärt die Mutter unerträglich sachlich. Für Medizin aber reichte das Geld nicht. Im Krankenhaus verstarb ihr Kind. Derartige Szenen sind in den Gebieten rund um den Victoria­see alltäglich. Das Fiebe­r, Malaria, rafft minütlich ein Kind dahin.

Während Covid-19 die Welt lahmlegt, verlegt der Dokumentarfilm „Das Fieber“ der Voralberger Regisseurin Katharina Weingartner, die mit „Sneaker Stories“ (2008) schon einmal die Macht von Konsum offenlegte, den Fokus der Aufmerksamkeit in die Sub­sahara, auf eine vergessene Epidemie. Der verzweifelte Kampf gegen Malaria hat hier immer Saison. Weingartners Fallstudie kolonialer Unterwerfung lässt auch Platz für Hoffnung.

📽️ Video | Trailer "Das Fieber"

„Wir sind nichts als Feldarbeiter und Lastenträger"

Denn gegen Malaria ist ein Kraut gewachsen. Seit 1970 gebräuchliche Medikamente setzen auf Artemisinin, einen Pflanzenstoff, der aus der Pflanze Artemisia annua extrahiert wird. Rehema Namyalo, Heilpraktikerin aus Uganda, die eine kleine Klinik betreibt, weiß um die Wirkung. Sie wird bei Weingartner zur Symbolfigur für persönliches Engagement. Sie alleinerziehende Mutter gibt ihr Wissen bereitwillig weiter. Sie spendet Hoffnung: Jeder kann die Pflanze einbauen und nutzen. Kann es wirklich so einfach sein? Namyalo ist davon überzeugt.

Auch Richard Mukabana, Professor für Biologie in Nairobi, liefert simple Lösungsvorschläge: Gegen die Larven, die im Sumpfgebiet rund um den Victoriasee in Ziegel- und Reisfeldern ideale Brutplätz­e vorfinden, gibt es ein Bakterium – produziert werden darf das Mittel in Afrika bisher allerdings nicht. Es wird aus den USA importiert. „Wir sind nichts als Feldarbeiter und Lastenträger. Es ist eine Form des Neokolonialismus“, bringt Mukabana die Probleme schlussendlich auf den Punkt.

„Afrikanischen Lösungen für afrikanische Probleme“

Infragegestellt wird die Macht der WHO auch in den Kommentaren der Regie, die immer wieder über die Filmbilder gelegt werden. Schließlich unterstützt die internationale Gesundheitsorganisation die „afrikanischen Lösungen für afrikanische Probleme“, wie sie Mukabana fordert, kaum oder wehrt sich gar dagegen. Für Pharmakologe Patrick Ogwang ist der Druck der internationalen Pharmakonzerne ausschlaggebend für das Versagen der WHO. Und die Menschen sterben weiter.

„Das Fieber“ lässt vornehmlich afrikanische Experten zu Wort kommen und damit endlich direkt Betroffene. Weingartner wählt zusätzlich eine Perspektive, die weitgehend ohne emotionalisierende Bilder auskommt und den ewig gleichen Blick auf das afrikanische Leid verweigert. „Das Fiebe­r“ regt eine längst überfällige Diskussion um das Geschäft mit dem Leben an.

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