Coronavirus

Tirol nach deutscher Reisewarnung zwischen Bangen und Hoffen – auf treue Gäste

In Seefeld bietet der Tourismusverband noch bis morgen seinen deutschen Gästen an, sich kostenlos testen zu lassen.
© Thomas Boehm / TT

Die deutsche Reisewarnung trifft den heimischen Tourismus massiv. Dennoch herrscht vielerorts Zweckoptimismus, was die Wintersaison angeht.

Innsbruck – Vor der kurzfristig eingerichteten Screening-Station in der Skialm bei den Bergbahnen Rosshütte in Seefeld hat sich am Samstagvormittag eine lange Schlange gebildet. Für Verpflegung ist gesorgt – heißer Tee und Snacks werden gereicht. Hier bietet der Tourismusverband (TVB) Seefelder Plateau noch bis Montag seinen deutschen Gästen einen kostenlosen Corona-Test an.

Derzeit halten sich laut TVB-Geschäftsführer Elias Walser rund 3000 Urlauber aus Deutschland in den fünf Plateaugemeinden auf. „Wir haben eine Verantwortung nicht nur gegenüber unseren Mitarbeitern, sondern auch gegenüber unseren Gästen“, erklärt Walser. „Man kann als TVB entweder in Werbung investieren, oder eben in so etwas.“ Wer sich testen lässt, erhält binnen 24 bis 48 Stunden ein Ergebnis. Gestern wurden per Gurgelverfahren 1000 Urlauber getestet, für heute haben sich weitere 1200 Personen angemeldet.

„Sommer hat gezeigt, dass wir verantwortungsvolle Gastgeber sind“

Die am Freitag herausgegebene deutsche Reisewarnung für Tirol hat für Schockwellen im heimischen Tourismus gesorgt. „Diese Reisewarnung ist ein klarer Auftrag für Tirol und den Tiroler Tourismus, weiterhin alles zu unternehmen, um das Coronavirus einzudämmen“, sagt Florian Phleps, Geschäftsführer der Tirol Werbung. Die Gesundheit von Einheimischen, Mitarbeitern und Gästen habe oberste Priorität. „Reisewarnungen sind immer unerfreulich, weil sie zu vorzeitigen Abreisen, Stornierungen gebuchter Urlaube und einem deutlichen Einbruch der Nachfrage führen. Eine derartige Maßnahme aus Deutschland ist allerdings ein massiver Schlag für unsere Branche, weil mehr als 50 Prozent unserer Nächtigungen von deutschen Gästen stammen“, so Phleps.

„Der heurige Sommer – ohne Cluster im Tourismus – hat gezeigt, dass wir als verantwortungsvolle Gastgeber agieren. Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen und alles daransetzen, die Infektionszahlen möglichst schnell wieder nach unten zu bringen. Nur dadurch ist es möglich, dass Reisewarnungen wieder zurückgenommen werden.“ Zum Zeitpunkt der Reisewarnung waren ungefähr 40.000 deutsche Gäste in Tirol.

„Besser im Herbst als dann im Winter“

Für den Präsident der Tiroler Tourismus Vereinigung (TTV), Josef Falkner aus Sölden, kommt die Reisewarnung durch Deutschland wenig überraschend: „Das haben wir schon befürchtet. Aber ich denke, dass der Winter anders gelagert ist. Haben wir für diese Woche bereits Stornos erhalten, sind wir im Winter sehr gut gebucht. Besser eine Reisewarnung jetzt im Herbst als dann im Winter. Ein Weltcup-Opening ohne Zuseher werden wir auch noch über die Bühne bringen, aber dann auf Weihnachten zu sollten wir gerüstet sein und dem Gast ein sicheres Gefühl bieten.“

Jürgen Parth (Hotel Post in Sautens) hat kein Problem damit, eine Woche früher zuzusperren.
© Parth

„Bei uns ist kein Gast überstürzt abgereist“, gibt Jürgen Parth vom Bikergasthof Hotel Post in Sautens zu Protokoll: „Die Sommersaison ist besser als befürchtet gelaufen. Die Dezibel-Fahrverbote haben uns dabei mehr geschadet als Corona. Neue Gäste aus Österreich sowie jahrelange Stammgäste haben einen soliden Sommer möglich gemacht. Da macht es auch nichts, jetzt im Herbst eine Woche früher zuzusperren.“

Der Geschäftsführer der Area 47, Chris Schnöller, gibt sich ebenfalls unaufgeregt: „Mit Bildern von massenhaften Abreisen kann ich nicht dienen. Zwar ist eine Reisewarnung eine Ohrfeige für ganz Tirol, aber kurz vor Ende der Sommersaison herrscht bei uns keine Panik.“

„Drastischere Maßnahmen hätte es vor einem Monat bereits gebraucht“

Auch im Zillertal beobachtet man mit Argusaugen die Entwicklungen der vergangenen Tage. So hat etwa das Stock Resort in Finkenberg umgehend auf die Reisewarnung reagiert. „Bereits am Freitagabend haben wir im Haus und per Mail alle Gäste informiert, dass wir ihnen kostenlose PCR-Tests anbieten“, sagt Hotelier Josef Stock. Am gestrigen Samstag wurden die Tests im ausgebuchten Haus erstmals durchgeführt. „150 Gäste haben sich testen lassen, sie erhalten innerhalb von 24 Stunden das Test­ergebnis per SMS zugeschickt“, erklärt Stock. Die Tests, die in einem Labor ausgewertet werden, werden künftig drei Mal pro Woche im Stock Resort angeboten.

Im Stock Resort in Finkenberg hofft man, dass sich Stornierungen in Grenzen halten.
© Stock Resort

„Die PCR-Tests kosten uns natürlich Geld, aber wenn dadurch Gäste bleiben oder wiederkommen, haben wir schon gewonnen.“ Stock ärgert sich vor allem deshalb über die Reisewarnung, weil man zur Vermeidung dieser extra die Sperrstunde auf 22 Uhr vorverlegt hatte. Der Hotelier meint, drastischere Maßnahmen hätte es vor einem Monat bereits gebraucht, um dieses Szenario zu verhindern.

War der November ursprünglich gut gebucht, nehmen mittlerweile jedoch die Lücken im Zimmerplan zu. Dennoch gibt es laut Stock weiterhin Anfragen, unterm Strich seien die Stornierungen bisher nicht in einem Ausmaß erfolgt wie zunächst befürchtet.

An den Grenzen ändert sich nichts

Die aktuelle Reisewarnung Deutschlands vor Tirol wegen der Covid-19-Zahlen im Land ändert nichts an der Grenzverkehrsregelung. Das heißt, dass die Grenzen zwischen Bayern und Tirol offen bleiben und auf deutscher Seite auch keine wie immer geartete Gesundheitskontrolle durchgeführt wird. Die Einreisenden müssen in Eigenverantwortung den Covid-Restriktionen Deutschlands zu Tirol nachkommen. Vielmehr wird das schon bekannte Prozedere der innerdeutschen Schengen-Kontrollen weitergeführt. Dies erklärt die Pressestelle des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West.

Ein Lokalaugenschein Samstagmittag am Grenztunnel Füssen bestätigte die Ausführungen. Der Verkehr wurde auf deutscher Seite (wie so oft) direkt nach dem Tunnel von der Autobahn A7 ausgeleitet und die Fahrzeuge mussten im Schritttempo durch eine Polizeikontrolle rollen. Überprüft wurde höchstens jedes 50. Fahrzeug – unter Schengen-Aspekten. Wagen mit Autonummern aus Staaten mit Migrationsproblematik hatten dabei eine erhöhte Chance, perlustriert zu werden. „Wir kennen unsere Pappenheimer“, sagte dazu ein bayerischer Polizist. Tiroler RE-Nummern wurden hingegen freundlich durchgewinkt.

Auch im Außerfern bieten alle namhaften Hotels sowie die Tourismusverbände mittlerweile PCR-Tests für alle Gäste an. (np, mw, top, ad, hm)