Berlin plant „Kontrollrat“ für weltweite Spionageaktionen

Die weltweiten Abhöraktionen des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) sollen einem Medienbericht zufolge künftig von einem „Kontrollrat“ aus sechs Richtern beaufsichtigt werden. Dies berichteten „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR am Wochenende unter Berufung auf einen entsprechenden Entwurf des Kanzleramts für ein neues BND-Gesetz. Die Abhöraktionen hatten auch für eine massive Verstimmung zwischen Wien und Berlin gesorgt.

Anlass für das neue Gesetz ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Mai, wonach sich der BND auch im Ausland an die Grundrechte halten muss. Bei der sogenannten strategischen Fernmeldeaufklärung im Ausland durchforstet der BND ohne Verdacht große Datenströme. Laut BND werden jeden Tag ungefähr 154.000 Kommunikationsbeziehungen erfasst, von denen sich am Ende etwa 260 als relevant herausstellen.

Der Entwurf des Kanzleramts sieht dem Bericht zufolge vor, dass ab Jänner 2022 ein Kontrollrat als oberste Bundesbehörde die Beaufsichtigung des BND übernimmt. Er soll aus vier Bundesrichtern und zwei Bundesanwälten bestehen.

Der BND soll Medienberichten zufolge zwischen 1999 und 2006 systematisch die Telekommunikation zentraler Einrichtungen in Österreich überwacht haben. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) forderten nach Bekanntwerden der Abhöraktionen im Juni 2018 in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz „volle Aufklärung“ von Deutschland und kündigten auch Justizermittlungen gegen den BND an. Diese verliefen jedoch im Sand. Im August 2019 teilte die Staatsanwaltschaft Wien mit, dass die Ermittlungen „abgebrochen“ worden seien.

Die deutsche Bundesregierung hatte sich nach Bekanntwerden der Aktionen öffentlich von diesen distanziert. Der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Steffen Seibert, bemühte in diesem Zusammenhang die von Merkel mit Blick auf die USA gebrauchte Formulierung „Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht“.

Verwandte Themen