Kämpfe um Berg-Karabach gehen weiter
Trotz internationaler Appelle zur Zurückhaltung gehen die Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan um die umstrittene Region Berg-Karabach weiter. Beiden Seiten beschossen sich nach Angaben ihrer Verteidigungsministerien auch in der Nacht auf Montag mit schwerem Artilleriefeuer. Aserbaidschan ordnete eine Teil-Mobilmachung der Bevölkerung an, Armenien hatte dies für alle männlichen Bürger schon am Sonntag getan. Zudem haben beide Länder das Kriegsrecht verhängt.
Bei den schwersten Kämpfen seit 2016 waren am Sonntag zahlreiche Menschen getötet worden. Berg-Karabach sprach von 31 Toten auf seiner Seite. Laut Agentur Interfax wurden zudem rund 200 Armenier verletzt. Aserbaidschan meldete auf seiner Seite sechs getötete Zivilisten und 19 Verletzte.
China forderte beide Seiten zum Dialog auf. Russland und die EU hatten die Konfliktparteien bereits am Sonntag dazu aufgerufen, die Waffen ruhen zu lassen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres mahnte eine diplomatische Lösung in dem Konflikt ein. Auch die US-Regierung nahm nach eigenen Angaben zu beiden Seiten Kontakt auf und forderte die Konfliktparteien dazu auf, die Kampfhandlungen sofort einzustellen. Der US-Botschafter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien, James Gilmore, drängte beide Seiten außerdem dazu, sich auf ihre Positionen vor der Eskalation vom Sonntag zurückzuziehen. Im Rahmen der Minsk Gruppe, angeführt von Russland, den USA und Frankreich, vermittelt die OSZE seit den frühen 90er Jahren im Karabach-Konflikt.
Die Agentur Interfax zitierte den armenischen Botschafter in Russland mit den Worten, die Türkei habe rund 4.000 Kämpfer aus Nordsyrien nach Aserbaidschan geschickt. Die Agentur Ria berichtete, der Botschafter habe erklärt, die Kämpfer würden in Berg-Karabach eingesetzt. Aserbaidschan wies die Vorwürfe zurück.
Die Türkei hatte Armenien am Sonntag aufgefordert, die Feindseligkeiten zu beenden. Präsident Recep Tayyip Erdogan sicherte dem traditionellen Verbündeten Aserbaidschan nach einem Telefonat mit Präsident Ilham Aliyev „verstärkte“ Solidarität zu. Der russische Präsident Wladimir Putin telefonierte mit dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinian. Dieser forderte die internationale Staatengemeinschaft auf, eine Einmischung der Türkei in den Konflikt zu verhindern. Russland unterstützt Armenien militärisch und wirtschaftlich.
Beide Konfliktparteien haben sich gegenseitig vorgeworfen, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Aserbaidschan hatte erklärt, Armenien habe Berg-Karabach aus der Luft und mit Artillerie beschossen. Die eigenen Truppen hätten daraufhin drei Panzer der gegnerischen Seite zerstört sowie zwei Hubschrauber und drei Drohnen abgeschossen. Aserbaidschan widersprach dem und erklärte, es habe auf einen armenischen Angriff reagiert.
Armenien und Aserbaidschan streiten seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion erneut über die Zugehörigkeit von Berg-Karabach, das hauptsächlich von Armeniern bewohnt wird und sich 1991 von Aserbaidschan lossagte, aber völkerrechtlich weiterhin zu Aserbaidschan gehört. Der Westen und die Länder der Region sehen den Konflikt mit Sorge, da er den Südkaukasus zu destabilisieren droht. Dort verlaufen wichtige Öl- und Gaspipelines. Obwohl das mehrheitlich christliche Armenien und das mehrheitlich muslimische Aserbaidschan 1994 einen Waffenstillstand schlossen, werfen sich beide Seiten regelmäßig gegenseitig Angriffe rund um Berg-Karabach und entlang der gemeinsamen Grenze vor. Im April 2016 starben mindestens 200 Menschen, als der Konflikt erneut aufgeflammt war.