Mehr als nur ein weiteres Hochhaus: Die Zukunft ist hybrid
Alle zwei Jahre wird der Internationale Hochhauspreis verliehen. Die fünf Finalisten haben mehr zu bieten als nur eine Höhe von über 100 Metern. Hybriden Hochhäusern gehört die Zukunft.
Von Manuel Lutz
Egal, ob vom 40. Stockwerk oder aus zwei Kilometern Entfernung – für Touristen sind Hochhäuser oft beliebte Fotomotive. Die Komplexe schießen wie die Schwammerln aus dem Boden. Allein in den vergangenen zwei Jahren sind weltweit über 2000 neue Gebäude mit einer Höhe von über 100 Metern errichtet worden. „Davon allein die Hälfte in China“, weiß Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums (DAM). Gerade in Städten, die von Jahr zu Jahr stark wachsen, ist dies oft notwendig. „In den meisten Ländern werden sie aufgrund der Knappheit an Bauflächen benötigt. Inzwischen auch, weil man mehr Land für natürliche Naherholungsflächen und zur Lebensmittelproduktion braucht“, erklärt Cachola Schmal.
Um die architektonischen Meisterleistungen zu ehren, verleiht das Architekturmuseum in Zusammenarbeit mit der Stadt Frankfurt und der DekaBank alle zwei Jahre den Internationalen Hochhauspreis. Neben der Gestaltung beurteilt die Jury auch Bautechnik, städtebauliche Einbindung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert.
Bauten werden nominiert
Erstmals gab es die Wahl im Jahr 2004. Seither hat sich einiges geändert, wie Experte Cachola Schmal betont: „Seit 2006 nominieren wir alle Projekte. Denn diese Art von Architekturbüros, die solche Hochhäuser plant, hat es nicht nötig, sich zu bewerben. Hochhäuser sind sehr sichtbar, keines kann irgendwo unerkannt emporwachsen.“
So haben sich bei der ersten Wahl noch rund 30 Büros beworben, heuer wurden 31 Projekte final nominiert. „Daraus werden fünf Finalisten ausgewählt. So fokussiert man sich nicht nur auf den Gewinner. Wir fliegen zum Gewinnerprojekt, um den Bauherren und die Architekten vor Ort zu interviewen und so unser Urteil zu überprüfen“, erklärt Cachola Schmal.
Heuer haben es der „Omniturm“ im Frankfurter Bankenviertel, das „Eden“ in Singapur, „Norra Tornen“ – das höchste Wohngebäude Stockholms, das „The Stratford“ in London sowie „Leeza SOHO“ in Peking unter die fünf Finalisten geschafft. Der Sieger wird am 29. Oktober in der Frankfurter Paulskirche ausgezeichnet. „Die Finalisten sind in vier Fällen von europäischen Architekturbüros entworfen worden. Das entspricht der aktuellen Situation in der Architektur: Die besten Architekten kommen derzeit aus Europa“, ist für Cachola Schmal klar.
Gemischte Nutzung ist gefragt
Vor allem hybride Hochhäuser, also Wolkenkratzer mit gemischter Nutzung, haben Zukunft in den Augen des DAM-Direktors: „Hybride Hochhäuser sind in Südostasien und China heute schon der Standardmix. So können sie z. B. in den unteren Geschoßen gewerbliche Nutzungen vorweisen, darüber Büros, dann ein Hotel und am oberen Ende Eigentumswohnungen.“ Anlageobjekte verurteilt er hingegen: „Das Schlimmste für jede Stadtgesellschaft sind Hochhäuser mit Luxuswohnungen, die von internationalen Anlegern gekauft, aber nie bewohnt werden.“
Dass die Bauten einmal einen historischen Wert für die Städte bekommen, ist gut möglich. „Der Eiffelturm war z. B. nicht nachhaltig geplant, sondern als temporäres und besonders spektakuläres Werbesymbol. Sein gestalterischer Erfolg bescherte ihm solch ein langes Leben. Wir werden sehen, wofür manche unserer Hochhäuser eines Tages stehen werden.“