In Schwarz modelliert: „faces und nudes“ im Grafikkabinett
Wiederentdeckt: Mit Tusche gezeichnete „faces und nudes“ von Fritz Berger im Grafikkabinett des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum.
Von Edith Schlocker
Innsbruck – Emmi und Fritz Berger waren im Nachkriegstirol wichtige Figuren. Sie als Pionierin der modernen Bewegungslehre, er als Galerist und Gestalter monumentaler Wandbilder. Die mehr und mehr aus dem öffentlichen Raum verschwinden, während seine gezeichneten Menschenbilder nun im Grafikkabinett des Ferdinandeums fulminant wiederauferstehen.
Was einer Entdeckung gleichkommt, war der 2002 im Alter von 86 Jahren verstorbene und komplett in Vergessenheit geratene Berger doch ein großartiger Zeichner. Unübersehbar inspiriert von der französischen Moderne, die nach dem Zweiten Weltkrieg durch das Französische Kulturinstitut nach Innsbruck gebracht wurde. Mit Ausstellungen, „die sich gewaschen haben“, so Museumsdirektor Peter Assmann. Mit dem Ziel, sozusagen mit einem „Grundkurs“ in Sachen Moderne auch im Bereich des Sehens die letzten Geister des Nationalsozialismus zu vertreiben.
Was in der bezüglich internationaler zeitgenössischer Kunst ausgehungerten jungen Tiroler Szene auf fruchtbaren Boden fiel. Auch bei Fritz Berger, der in den Fauvisten, und im Speziellen Matisse, seine großen Anreger fand. Besonders als Zeichner, als der das Porträt und der weibliche Akt die zentralen Themen waren.
Die nun im Ferdinandeum gezeigten Blätter dürften noch nie öffentlich gezeigt worden sein. Sie stammen aus dem Nachlass Bergers und sind nur ein kleiner Teil des Konvoluts, das sein Enkel als Dauerleihgabe dem Museum zur Verfügung gestellt hat, wovon zehn angekauft wurden. Der früheste, ein noch relativ akademisch daherkommender liegender Akt, ist 1943 entstanden, zwei Jahre, nachdem der Rechtshänder seine rechte Hand und sein rechtes Auge als Soldat verloren hatte. Um sich in einem mühsamen Prozess das Zeichnen bzw. Malen mit der linken Hand anzutrainieren.
Mit großem Erfolg, wie die zum größten Teil in den 50er-Jahren entstandenen Menschenbilder beweisen. Obwohl der ganz spezielle Zeitgeist unübersehbar ist, ist Bergers Handschrift eine kraftvoll expressive, um mit nur wenigen, oft fast groben schwarzen Pinselstrichen Gesichter und Körper zu modellieren. Wobei Berger als Porträtist trotz aller formaler Reduktion die Wiedererkennbarkeit wichtig war. Anders bei den Akten, die in den unterschiedlichsten Posen raffiniert rhythmisch durchpulst sind und bei denen der Künstler bisweilen an die Grenzen zur totalen Abstraktion streift. Etwa in einem prachtvollen liegenden Akt, der sich elegant als weiße Masse aus dem schwarzen Hintergrund schält.
Tiroler Landesmuseum. Museumstraße 15, Innsbruck; bis 10. Jänner, Di–So 10–18 Uhr