Kino

„Liebe war es nie“: Eine gefährliche Liebschaft in Auschwitz

Helena Citron und Franz Wunsch auf einer Collage zweier Einzelaufnahmen.
© Langbein und Partner

In „Liebe war es nie“ schildert Dokufilmerin Maya Sarfaty die wahre Geschichte eines österreichischen SS-Offiziers und seiner jüdischen Geliebten.

Innsbruck – Ein SS-Lageraufseher und eine jüdische Gefangene als heimliches Liebespaar im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Eine solche Geschichte kann man nicht erfinden. Eine derartige Fügung zweier Schicksale vermag nur das Leben selbst zu gestalten. Und so ist auch die Liebesgeschichte von Helena Citron, einer Jüdin slowakischer Herkunft, und von Franz Wunsch, eines aus Österreich stammenden SS-Offiziers, eine wahre. Regisseurin Maya Sarfaty geht dieser unwirklich anmutenden Liaison in der Doku „Liebe war es nie“ auf den Grund. Mit vergilbten Fotos und daraus gefertigten Collagen gestaltet sie Szenen, die dem Lageralltag nachempfunden sind.

Viele der Jüdinnen im KZ wussten von Helenas verbotener Beziehung. Auch der gefürchtete Lagerarzt Josef Mengele soll Wind davon bekommen haben. Doch er verzichtete darauf, Meldung zu erstatten. 1945 trennten sich die Wege. Wunsch wurde zur Front abkommandiert. Citron überstand die letzten Kriegswochen an der Seite ihrer Schwester Roza.

Trailer: „Liebe war es nie“

Im Gespräch mit Dokufilmerin Sarfaty erinnern sich ehemalige Mitgefangene an Helena und ihre schöne Singstimme. „Liebe war es nie“, hieß eines der Lieder ihres Repertoires, das sie oft zum Besten geben musste.

Für ihre Liebe zu einem Todfeind wurde Citron von anderen Frauen im KZ als „jüdische Hure“ beschimpft. Retrospektiv fällt der Befund deutlich milder aus. „Jede andere hätte an ihrer Stelle das Gleiche getan“, sagt eine der Zeitzeuginnen. Auch Helena und ihr Ex-Geliebter kommen zu Wort, auf Aufnahmen schon etwas älteren Datums. Citron ist 2007 gestorben, zwei Jahre nach Wunsch.

Citron war nach dem Krieg nach Israel ausgewandert und hatte dort geheiratet. Wunsch geriet in Kriegsgefangenschaft. Er suchte vergeblich Kontakt zu Helena, schließlich heiratete er eine andere Frau. Diese war daran beteiligt, dass sich das Ex-Paar 1972 vor Gericht in Wien wiedersah: Wunsch war des Meuchelmordes angeklagt, seine Ehefrau bat Helena um eine entlastende Aussage.

Es ist dies eine Zumutung, wie sie größer kaum sein könnte, doch Helena erschien tatsächlich zur Aussage vor Gericht: Ja, Wunsch sei im KZ als „streng“ bekannt gewesen, doch zu ihr sei er gut gewesen, er habe ihr und der Schwester geholfen. Wunsch gab zu, Häftlinge geschlagen zu haben, doch habe er niemanden getötet. Es erfolgte ein Freispruch. Wunsch war einer der wenigen österreichischen SS-Offiziere, die sich überhaupt vor Gericht verantworten mussten.

„Liebe war es nie“ ist das Filmdokument einer ungewöhnlichen Paar-Beziehung, umfassend recherchiert und in spannenden Bildern erzählt. Die Doku wirft auch ein Schlaglicht darauf, wie schwer sich Österreich lange Zeit damit tat, seine Vergangenheit aufzuarbeiten. (mark)

Im Kino

Liebe war es nie. Nach dem Filmstart im Leokino – Freitag, 23. Oktober, um 18 Uhr – Gespräch mit Regisseurin Maya Sarfaty und Produzent Kurt Langbein.

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