Bürgermeister Klitschko muss in Kiew wohl in die Stichwahl

Bei den Kommunalwahlen in der Ukraine muss der Kiewer Bürgermeister und Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko voraussichtlich in die Stichwahl. Ersten Prognosen zufolge verfehlte der 49-Jährige am Sonntag im ersten Wahlgang mit rund 45 Prozent der Stimmen die notwendige absolute Mehrheit. Der mit dem Coronavirus infizierte Politiker hatte 19 Gegner. Hoffnungen auf den Einzug in die zweite Runde kann sich überraschend sein 59-jähriger Amtsvorgänger Alexander Popow machen.

„Es ist noch zu früh, über endgültige Resultate zu reden“, sagte Klitschko in einer Live-Videoschaltung des Parteistabs. Er habe mehr Stimmen im ersten Wahlgang erhalten als vor fünf Jahren. Der Ex-Boxweltmeister befindet sich wegen seiner Corona-Infektion in Selbstisolation. „Ich fühle mich gut, habe keine Temperatur und keinen Husten“, betonte er.

Popow von der prorussischen Partei Oppositionsplattform kam weit abgeschlagen auf rund neun Prozent. Klitschko zeigte sich dennoch erstaunt über das Ergebnis seines Amtsvorgängers. „Der Wähler Popows kam offensichtlich erst in den letzten fünf Jahren in die Hauptstadt“, meinte Klitschko. Chancen haben ebenfalls die Kandidatin der Präsidentenpartei Sluha Narodu (Diener des Volkes), Irina Wereschtschuk, und der Fernsehmoderator Sergej Pritula. Genauere Auszählungsergebnisse für die Stadt mit drei Millionen Einwohnern sollen am Montag vorliegen. Die Stichwahl wird für den 15. November erwartet.

Den vorliegenden Prognosen nach konnten Kandidaten der Partei von Präsident Wolodymyr Selenskyj in keiner bedeutenden Großstadt gewinnen oder in die Stichwahl einziehen. Vor einem Jahr hatte die Neugründung bei den Parlamentswahlen über die Hälfte der Sitze erlangt, die Partei regiert ohne Koalitionspartner. Beobachter sehen die Ergebnisse von Sonntag als Niederlage für den seit Mai 2019 regierenden Selenskyj.

Die Wahlbeteiligung wurde zunächst nicht bekannt. Schätzungen von Wahlbeobachtern zufolge nahm jedoch auch aufgrund der Corona-Pandemie weniger als die Hälfte der rund 28,6 Millionen Wahlberechtigten an dem Urnengang teil. Zur Wahl standen mehr als 1400 Bürgermeister und Ortsvorsteher sowie mehr als 40.000 Abgeordnete von regionalen und kommunalen Parlamenten.

Nicht gewählt wurde in den seit 2014 von prorussischen Separatisten beherrschten Teilen der ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk. Trotz Waffenruhe durften auch im Regierungsgebiet etwa eine halbe Million Ukrainer entlang der Frontlinie nicht über ihre örtlichen Vertreter abstimmen. In dem Konflikt wurden UNO-Schätzungen nach mehr als 13.000 Menschen getötet.

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