Corona-Krise

Corona-Regeln: Nein zu Kontrolle im Privatbereich

Derzeit ist die Polizei nicht befugt, in Wohnungen und Häusern zu kontrollieren. (Symbolfoto)
© Marina Rehfeld

Das Verlangen des steirischen Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer, bei Verstößen gegen Corona-Regeln auch im Privatbereich eingreifen zu können, missfällt.

Von Karin Leitner

Wien — Ob der steigenden Corona-Infektionszahlen gibt es eine neue Begehrlichkeit aus der Politik. Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer möchte, dass bei Verstößen gegen Corona-Regeln auch in den Privatbereich eingegriffen werden kann — „für bestimmte Fälle, für bestimmte Zeiten".

Hermann Schützenhöfer (Landeshauptmann): „Wenn in einem Keller oder in einer Gartenhütte Exzesse gefeiert werden, muss man das auflösen können.“
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Bei gesundheitlichen Herausforderungen wie dieser Pandemie gebe es „Einschränkungen der Freiheit". Er sei für Einschränkungen „dort, wo sie erklärbar sind". Er wolle „ja nicht in Schlafzimmer hineinschauen, aber wenn bei Privatpartys in einem Keller oder in einer Gartenhütte Exzesse gefeiert werden, muss man das auflösen können". Ein „verfassungsrechtlich gangbarer Weg" sei zu suchen, befindet Schützenhöfer, ergo „die anderen Parteien" einzubinden.

Wie stehen diese zu seinem Verlangen? Grünen-Gesundheitsminister Rudolf Anschober verwahrt sich dagegen, verweist auf die Rechtslage. Das Covid-Maßnahmengesetz schließe Kontrollen im Wohnbereich aus, das sei auch „grundsätzlich richtig", konstatiert Anschober. Er glaube, dass „die allermeisten Menschen imstande sind, klaren Empfehlungen Folge zu leisten". Einmal mehr mahnt der Ressortchef zu Eigenverantwortung; jeder müsse „Teil der Lösung" sein.

🗨️ Leitartikel zu Corona-Regeln

▶️ „Die Tür in das Private muss zubleiben"

„Polizei schreitet nach geltenden Verordnungen und Gesetzen ein"

Wie sehen Anschobers Koalitionspartner, die Türkisen im Bund, die Sache? Auch von diesen wird Schützenhöfer für seinen Vorstoß nicht applaudiert. Keine Freude bereitet dieser, wie den Kommentaren zu entnehmen ist. Aus dem Büro von ÖVP-Innenminister Karl Nehammer heißt es gegenüber der Tiroler Tageszeitung: „Die Polizei schreitet nach geltenden Verordnungen und Gesetzen ein. Dementsprechend sind Kontrollen der Polizei im privaten Bereich nicht möglich." ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck sagt: „Ich bin nicht der Mensch, der so gestrickt ist, dass man alles kontrollieren muss." ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz äußert sich nicht zur Causa.

Pamela Rendi-Wagner
(SPÖ-Chefin): „Unsere Position war hier immer klar: Schnüffeln in privaten Wohnräumen ist ausgeschlossen.“
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Rote, Blaue und Pinke lehnen ab, was Schützenhöfer fordert. Für die SPÖ sei „Schnüffeln in privaten Wohnräumen ausgeschlossen", sagt Parteichefin Pamela Rendi-Wagner.

Deftig wie gewohnt äußert sich FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl: „Kurz-Unterstützer Schützenhöfer lebt seine austrofaschistischen Überwachungsfantasien aus. Mit derartigen Vorschlägen ist der ÖVP-Landeshauptmann selbst ein Fall für den Verfassungsschutz. Er sollte unter Beobachtung gestellt werden." Die ÖVP bereite „Schritt für Schritt die politische Landnahme gegen die Grund- und Freiheitsrechte der Österreicher vor. Es gibt keine verfassungskonforme Lizenz zum Schnüffeln bis hinein in den tiefsten privaten Bereich. Mit uns sicher nicht", sagt Kickl.

„Die Allmachtsfantasien der ÖVP nehmen kein Ende"

Er sei empört, tut der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek kund: „Wir fordern den Landeshauptmann zu einer Klarstellung auf." Die steirischen NEOS protestierten ebenfalls: „Die Allmachtsfantasien der ÖVP nehmen kein Ende", sagt Klubobmann Niko Swatek. „Es darf keine verfassungskonforme Möglichkeit geben, in den privaten Raum einzugreifen." Auch aus Tirol kommt ein Nein. Als „inakzeptabel" qualifiziert der dortige SPÖ-Vorsitzende, Georg Dornauer, Schützenhöfers Ansinnen: „Fragwürdige Schnüffel-Methoden und übertriebene Eingriffe in die Privatsphäre sind ein erneuter trauriger Tiefpunkt im missglückten Corona-Management des Bundes und der ÖVP-geführten Länder."

Nur die steirischen Wirtschaftsvertreter springen Schützenhöfer bei: Mehr Kontrollmöglichkeiten seien nötig, um einen zweiten Lockdown zu verhindern.

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