Gerichtsdolmetscher fühlen sich von der Justiz verraten
Wien, Innsbruck – Gerichtsdolmetscher werden von der Justiz immer häufiger benötigt. Ohne sie könnten viele Prozesse schlichtweg nicht stattfinden. Trotz an sich guter Auftragslage herrscht im Stand der zertifizierten Gerichtsdolmetscher jedoch seit Jahren Missstimmung. Grund: Seit 2007 wurden die Gebühren für die Dolmetscher nicht mehr erhöht. Im Gegenteil: Durch diverse Anpassungen verdient man heute sogar noch weniger als vor 13 Jahren.
Nach jahrelangen Protesten und folglichen Verweisen auf Justiznotbudgets sollte es eine Novelle des Gebührenanspruchsgesetzes nun richten. In dieser kommt aber wieder keine Reform für die Gebühren der Dolmetscher vor.
Elisabeth Prantner-Hüttinger vom Verband Österreichischer Gerichtsdolmetscher: „Wir fühlen uns verraten und verkauft. Das Justizministerium bekommt diesmal um 65 Millionen Euro mehr. Dass trotz höheren Budgets nun wieder keinerlei Verbesserung unserer Gebührensituation geplant ist, hat zu einer ungeheuren Empörung bei den Dolmetschern geführt!“ Diesmal sei der Bogen laut Verband überspannt, auch Arbeitsniederlegungen stünden im Raum, wenn das Ministerium nicht noch einlenkt.
Der Innsbrucker Anwalt und Gerichtsdolmetscher (türkisch) Vedat Gökdemir bezeichnet die Gebührensituation als „grotesk“ und fürchtet vor allem um einen Qualitätsverlust in der Rechtsprechung. Da der Justiz qualifizierte Dolmetscher immer seltener zur Verfügung stünden, müsste die Justiz immer häufiger unqualifizierte Dolmetscher einsetzen. RA Gökdemir: „Ich höre dann, dass diese Leute nicht einmal einfachste juristische Begriffe wie Vorsatz oder Absicht auseinanderhalten können.“ Fehlurteile können die Folge sein. (fell)