Belgien schließt die meisten Geschäfte ab Montag
Im schwer vom Coronavirus getroffenen Belgien müssen die meisten Geschäfte ab Montag wieder schließen. Ausnahmen gebe es etwa für Supermärkte, sagte Regierungschef Alexander De Croo am Freitag nach einer Krisensitzung in Brüssel. „Das sind die Maßnahmen der letzten Chance.“ Gemessen an der Einwohnerzahl zählt Belgien nach Angaben der EU-Gesundheitsagentur derzeit die meisten Corona-Infektionen in der EU. Die nächtlichen Ausgangssperren in Belgien bleiben bestehen.
Gasthäuser, Restaurants und Cafes, Kultur- und Sportstätten sind ohnehin bereits geschlossen. Die Kontaktbeschränkungen werden nun weiter verschärft, wie De Croo sagte. Künftig dürfen Belgier demnach nur einen Besucher pro Woche zu Hause empfangen; bei Alleinstehenden sind es zwei. Bisher waren es - mit Maske - vier.
Berufe mit engem Kundenkontakt wie Friseure müssen ihre Arbeit einstellen. Die neuen Regeln sollen zunächst für eineinhalb Monate gelten. Für die geschlossenen Geschäfte soll am 1. Dezember eine Zwischenbilanz gezogen werden. Kunden können aber weiter Waren aus den geschlossenen Geschäften abholen oder sich liefern lassen.
In Belgien steigen die Infektionszahlen seit Wochen rasant. Die Behörden des Elf-Millionen-Einwohner-Landes zählten innerhalb einer Woche zuletzt im Schnitt 15.316 Infektionen am Tag - ein neuer Rekord. EU-weit registrierte das Nachbarland innerhalb von zwei Wochen die meisten Infektionen pro 100.000 Einwohner: 1.600. Jeder vierte Corona-Test fiel in Belgien zuletzt positiv aus.
Die bisherigen Maßnahmen haben nicht zu einer Entlastung geführt. Vielmehr verschärfte sich in den vergangenen Wochen die Lage in den Krankenhäusern dramatisch. Die Grenzen der Kapazität wurden mitunter schon erreicht. Dutzende Patienten mussten in andere Krankenhäuser transferiert werden. Zuletzt lagen 6.187 Patienten mit Covid-19 im Krankenhaus, 1.057 von ihnen auf der Intensivstation. „In sehr vielen unserer Krankenhäuser ist eine ganze Zeit schon die Schmerzgrenze überschritten“, sagte De Croo.
Trotz neuer Infektionsrekorde will Spanien die Pandemie ohne einen neuen Lockdown mit einer extrem strengen Ausgangssperre eindämmen. Eine totaler Lockdown, wie er im Frühjahr im Corona-Hotspot monatelang herrschte, sei im neuen Notstandsdekret auch nicht vorgesehen, erklärte Gesundheitsminister Salvador Illa. „Und ich bin davon überzeugt, dass eine totale Ausgangssperre dank der aktuellen Maßnahmen auch nicht nötig sein wird“, betonte der Minister am Freitag vor Journalisten in Madrid.
Wegen der rapide steigenden Zahlen hatte Ministerpräsident Pedro Sánchez am Sonntag einen zweiwöchigen Notstand ausgerufen und im Rahmen dieser Maßnahme praktisch im ganzen Land eine nächtliche Ausgangssperre angeordnet. Nur die Kanaren sind davon ausgenommen. Ein Antrag der linken Regierung auf Verlängerung des Alarmzustands - der dritthöchsten Notstandsstufe - gleich bis zum 9. Mai 2021 wurde am Donnerstag vom Parlament angenommen.
Italien will das seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie im März geltende Kündigungsverbot bis Ende März verlängern. Dies teilte der italienische Regierungschef Giuseppe Conte nach einem Treffen mit den Gewerkschaften am Freitag in Rom mit. Kein anderes Land hat wie Italien ein generelles Kündigungsverbot verhängt. Dieses ist derzeit bis Ende November befristet.
„Wir erleben eine komplexe Situation mit viel Sorge und Leid. Diese Regierung will weitere Anstrengungen unternehmen, um den Arbeitnehmern Sicherheit zu geben“, erklärte der Premier laut Medienangaben. Die Regierung hatte bereits am Sonntag angekündigt, weitere 18 Wochen Kurzarbeit finanzieren zu wollen.
Durch das allgemeine Kündigungsverbot und die verbreitete Einführung von staatlich subventionierter Kurzarbeit ist bisher ein Anstieg der Arbeitslosigkeit in Italien vermieden worden. Die Regierung will den Schutz der Arbeitsplätze fortsetzen. Damit sollen nicht nur soziale Unruhen vermieden werden, sondern auch die Nachfrage nach Konsumgütern gestützt werden, heißt es von Ökonomen.
Seit Beginn der Pandemie sind in den USA mehr als neun Millionen Infektionen mit dem Coronavirus verzeichnet worden. Das ging am Freitag aus Daten der Universität Johns Hopkins in Baltimore hervor. Damit verzeichneten die USA die höchste absolute Zahl an nachgewiesenen Infektionen, dicht gefolgt von Indien mit mehr als acht Millionen Fällen. An dritter Stelle steht Brasilien, wo rund 5,5 Millionen Ansteckungen registriert wurden.
Experten gehen zugleich von einer hohen Dunkelziffer an Corona-Infektionen aus. Die USA hatten erst vor zwei Wochen die Schwelle von acht Millionen bestätigten Infektionen überschritten. Die Zahl der Neuinfektionen stieg zuletzt im Schnitt auf gut 75.000 pro Tag an. Für Donnerstag etwa meldete Johns Hopkins sogar mehr als 88.000 Neuinfektionen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat unterdessen vor Spätfolgen von Coronavirus-Infektionen gewarnt. „Für eine bedeutende Zahl von Menschen hat dieses Virus eine Reihe ernsthafter Langzeitfolgen“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Freitagabend in Genf. Berichte über anhaltende Komplikationen nach Covid-19 gebe es von Krankenhauspatienten ebenso wie von daheim behandelten, jungen sowie alten Menschen.
Zahlen dazu, wie viele Patienten betroffen sind, gibt es laut WHO noch nicht. „Besonders besorgniserregend ist die große Bandbreite an Symptomen, die sich im Laufe der Zeit verändern, oft überschneiden und jedes System im Körper betreffen können“, sagte Tedros. Betroffene berichteten etwa von monatelang andauernden Symptomen wie starker Erschöpfung, Atemproblemen, Herzrasen oder Gedächtnisschwierigkeiten, die eine Rückkehr in den Beruf oder Alltag teils unmöglich machten.