Mann soll 16-Jährige auf Verlangen getötet haben - Prozess

Ein ungewöhnlicher Fall um den Tod eines Mädchens ist am Dienstag im Grazer Straflandesgericht verhandelt worden: Ein Weststeirer soll im Juni 2019 eine 16-Jährige auf deren Verlangen getötet haben. Die Staatsanwaltschaft klagte Mord an, da „bei Jugendlichen nicht davon auszugehen ist, dass das ernsthaft gemeint ist“, betonte der Ankläger. Dem Beschuldigten, der 25 Jahre älter als das Mädchen war, wurde eine kombinierte Persönlichkeitsstörung bescheinigt.

Zwei Monate vor der Tat hatte der Angeklagte die 16-Jährige kennengelernt, als sie mit ihrem Vater in dasselbe Haus in Deutschlandsberg zog, in dem auch er wohnte. „Es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden, und er war eifersüchtig auf ihre Bekanntschaften“, beschrieb Staatsanwalt Hansjörg Bacher. Die Jugendliche sei „lebensfroh und kontaktfreudig“ gewesen, „sie hat sich leicht verliebt und war am Boden zerstört, wenn eine Beziehung in die Brüche gegangen ist“, führte der Ankläger weiter aus.

Der mittlerweile 42-Jährige soll sie bedrängt haben, mit ihm wenigstens ein sexuelles Verhältnis einzugehen, doch sie lehnte ab. Als sie erneut Liebeskummer hatte, traf sie sich mit dem Angeklagten in seiner Wohnung. „Er nützte ihre vorübergehende Gefühlsschwankung aus“, war der Staatsanwalt überzeugt. Der Mann wollte ihr nach eigenen Angaben helfen, Selbstmord zu begehen. Sie nahm 40 Tabletten eines Beruhigungsmittels, als sie schon ganz benommen war, soll sie zu ihm „Beende das“ gesagt haben, was er unterließ. Das Mädchen schrieb auch einige Abschiedsbriefe. Nach der Tat ging der Mann einkaufen, duschte und rief erst dann die Polizei, die die Leiche fand.

„Sie wollte sterben und ins Paradies“ war sich der Angeklagte bei seiner Befragung sicher. „Es war mein Fehler, das hätte nicht passieren dürfen“, meinte er. An einen Abbruch der Tat habe er aber nie gedacht. Auf die Frage einer Geschworenen, warum er nicht einfach aufgehört und die Rettung gerufen habe, wusste er keine Antwort.

Das Mädchen sei sehr unglücklich gewesen, sie habe ihn gefragt, „ob ich Morphium oder ein Kabel oder so etwas da habe“, schilderte der Beschuldigte die letzten Stunden der Jugendlichen. „Haben Sie das ernst genommen?“, fragte Richterin Gudrun Schmitt. „Sicher, wir haben ja schon vorher so komische Sachen geredet“, antwortete der Weststeirer. Staatsanwalt Hansjörg Bacher befragte ihn zu einer SMS, die sie dem Mann geschickt hatte. Darin schrieb sie, sie wolle nicht mit ihm zu einem Essen gehen, da sie gerade eine Diät begonnen hätte - was nicht dafür spräche, dass sie unbedingt sterben wollte, meinte der Ankläger.

„Kann es sein, dass das alles in Ihren Plan gepasst hat? Dass Sie gedacht haben, wenn Sie sie nicht haben können, soll sie niemand haben?“, hakte die Vorsitzende nach. Das stritt der Beschuldigte vehement ab. Nachdem die 16-Jährige rund 40 Beruhigungstabletten geschluckt hatte, wurde ihr schlecht und sie klagte über Bauchschmerzen. „Wenn sie über Bauchweh jammert, kann ja nicht der Tod ihr sehnlichster Wunsch sein“, meinte der beisitzende Richter.

„Sie hat mich mit ihrer Art beeindruckt, und sie war sehr offen“, schilderte der Angeklagte seinen Eindruck von der Jugendlichen. Seine bisherigen Beziehungen hätten sich auf Prostituierte oder eine Table-Dancerin beschränkt. „Wir sind in Lokale gegangen, in Cafés, ins Schwimmbad“, erzählte der Beschuldigte. „Wieso haben Sie sich für sie interessiert?“, fragte Richterin Gudrun Schmitt. Das Aussehen habe ihm gefallen, mehr Körperkontakt als eine Fußmassage habe es aber nicht gegeben.

Der Verteidiger forderte die Geschworenen auf, „sämtliche Aspekte“ zu beleuchten. Es sei zu einfach, die Getötete als „jung, hübsch, lebhaft“ und seinen Mandanten als „sexuell frustriert und krank“ darzustellen. Der 42-Jährige sei für das Mädchen eine Vertrauensperson gewesen.