Architektur

„Haus am Schrofen“ im Pitztal: Ein echter Steinbock ist kein Flamingo

Corona-bedingt derzeit geschlossen: das von Daniela Kröss und Rainer Köberl geplante Pitztaler „Steinbockmuseum“.
© Lukas Schaller

Aus rotem Beton haben Daniela Kröss und Rainer Köberl das „Haus am Schrofen“ im hintersten Pitztal gebaut.

Von Edith Schlocker

St. Leonhard – Nein, es ist keine alte Burg, die man vom St. Leonharder Ortsteil Eggenstall aus hoch oben, scheinbar mitten im Wald stehen sieht. Sondern das erst diesen Sommer eröffnete und Corona-bedingt derzeit geschlossene „Steinbockmuseum“, dessen äußere Hülle allerdings ganz und gar nicht zufällig das spröde Flair eines Wehrturms verströmt, sei ein Steinbock schließlich auch kein Flamingo, sagt Rainer Köberl, der gemeinsam mit Daniela Kröss den 2016 von der Dorferneuerung des Landes ausgeschriebenen Architekturwettbewerb gewonnen hat.

Mit einem Projekt, das formal keinerlei heimattümlerische Klischees zulässt, um in seiner Setzung und ebenso puren wie subtilen Materialität mit der Landschaft wie verwachsen zu sein. Das „Haus am Schrofen“, wie das „Steinbockmuseum“ offiziell heißt, steht architektonisch als perfekter Antipode neben dem Schrofenhof, der vielleicht ältesten Hofstelle der Talschaft. Dessen Stadel dem Museumsbau weichen musste, als Zitat allerdings in der hölzernen Schalung des Neubaus verewigt ist.

Denn gebaut ist das „Haus am Schrofen“ komplett aus rostrot durchgefärbten, vorgefertigten Betonelementen, wobei die Fassaden als reizvolles Puzzle aus Zonen des Glatten und holzartig Strukturierten daherkommen. Was durchaus malerische Qualitäten mit sich bringt, das Schroffe des auf einem unregelmäßigen fünfeckigen Grundriss stehenden, oben in einem flachen Satteldach mündenden Baukörpers auf subtile Weise relativiert.

Die in die zweischalige Betonhülle geschnittenen Fenster bzw. Türen sind sparsam, aber ganz bewusst gesetzt, um landschaftliche Ausblicke wie Bilder zu rahmen. In denen der geduldig Schauende vielleicht sogar den einen oder anderen lebenden Steinbock erspäht. Fühlen sich diese doch, nachdem sie um die Mitte des 16. Jahrhunderts ausgerottet und um 1950 wieder angesiedelt worden sind, im hinteren Pitztal ausgesprochen wohl.

Ein feines Farbkonzept dominiert im Inneren alle vier Ebenen, deren Ausstattung erfreulicherweise ebenfalls Köberl und Kröss anvertraut wurde. Angefangen von dem als Zirbenstube von heute angelegten Gastraum ganz unten, dem eine gepflasterte Terrasse vorgelagert ist, über den einladend offenen Kassabereich in der Ebene darüber bis zu den zwei Ausstellungsgeschoßen. Die vom Büro Rath & Winkler eingerichtet wurden, wobei das untere zum größten Teil mit den Bildern wandernder Pitztaler FotografInnen des späten 19. Jahrhunderts aus der Sammlung des Oberländer Künstlers und Heimatforschers Willi Pechtl bestückt ist. In Ebene vier erfährt der Besucher dagegen alles Wissenswerte rund um den Steinbock. Von hier geht es auch hinaus auf die in den Baukörper geschnittene Terrasse, deren Brüstung aus rostrot lackiertem Stahl sich in einer Linie in der langen Brücke fortsetzt, die zum Fuß des Steinbockgeheges am Hang gegenüber führt.

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