Anwälte appellieren an Behörden: Ermahnen statt strafen
Lob und Kritik gibt es für den neuen Verordnungsentwurf. Manche Formulierungen sind, wie im Frühjahr, verwirrend.
Wien – Die Rechtsanwaltskammer appelliert an die Behörden, bei der Kontrolle des ab Dienstag verschärften Lockdowns auf Strafen zu verzichten und stattdessen auf Ermahnung zu setzen. Der aktuelle Entwurf ist aus Sicht von Präsident Rupert Wolff „sehr viel genauer und sorgfältiger gemacht als die Vorgänger-Verordnungen“. Allerdings kritisiert Wolff: „Ich würde mir wünschen, dass die Politik klarer kommuniziert, denn nur wenn die Bevölkerung das alles versteht, wird sie das auch akzeptieren“, deponiert Wolff.
So sei am Samstag zuerst die Rede davon gewesen, dass das Verlassen des privaten Wohnbereiches nur aus vier Gründen zulässig sei. Tatsächlich stehen in der Verordnung aber neun Ausnahmen. Ebenfalls umstritten sei eine Formulierung, wonach im Lockdown Treffen mit „einzelnen engsten Angehörigen“ bzw. mit „einzelnen wichtigen Bezugspersonen, mit denen in der Regel mehrmals wöchentlich Kontakt gepflegt wird“, zulässig sind. Es war am Sonntag nicht klar, ob Kontakte auf „eine einzelne Person“ oder einige wenige beschränkt sind. Die Verordnung legt nämlich nahe, dass es mehrere sein dürfen, allerdings nicht gleichzeitig. Unklar ist aus der Sicht Wolffs, wie der regelmäßige Kontakt mit diesen Personen im Zweifelsfall nachgewiesen werden soll: „Muss ich da ein Standortprotokoll meines Handys der letzten drei Monate vorlegen?“
Der Rechtsanwalt hofft nun, dass die Behörden bei der Kontrolle der Maßnahmen nicht auf Strafen setzen, sondern auf Aufklärung und Ermahnung. Außerdem brauche es genaue Anweisungen des Innenministeriums an die Polizei, um bei Kontrollen Missverständnisse darüber zu vermeiden, was erlaubt und was verboten ist.
Eine Ungleichbehandlung sieht Wolff zwischen der Gastronomie und dem Handel, weil Lokale telefonisch bestellte Speisen verkaufen dürfen, die Abholung von Waren im Handel aber verboten ist. Abzuwarten bleibt, welche Waren jene Geschäfte anbieten werden, die ab Dienstag noch offen halten dürfen – also etwa Lebensmittelhändler. Wolff geht davon aus, dass große Lebensmittelhändler ihr Sortiment einschränken müssen und etwa keine Bücher und kein Spielzeug verkaufen dürfen. (TT, APA)