Tiroler Instrumentenbauer Tutz: Visionär, Erfindergeist und Meister
Rudolf Tutz, Tiroler Instrumentenbauer mit Weltruf, widmen Weggefährten ein inhaltsreiches Gedenkbuch.
Von Ursula Strohal
Innsbruck – Seine Instrumente sind in der Musikwelt kostbar begehrt und werden es bleiben wie die eines anderen klangvisionären Tirolers. Nun trennen Jakob Stainers Geigen und Rudolf Tutz’ Flöten und Klarinetten gut drei Jahrhunderte, aber die Vorstellung spezieller Berührungspunkte beider Tiroler Instrumentenbauer liegt nahe. Da waren die handwerklichen Vorlaufzeiten, Tischlerei bei Stainer, Metallgewerbe und Bildhauerei bei Tutz, die wesentlichen Lehrzeiten des Älteren in Italien und des Jüngeren in der väterlichen Werkstatt sowie in Bremen. Später die kommunikationsreichen Reisen, aufsehenerregende Werkstücke der Meister, die ihnen den internationalen Ruf eintrugen.
Da waren aber vor allem die einzelgängerischen Genieleistungen beider, weil es keine Dogmen weiterzureichen gab. Sie arbeiteten allein, was sie in sich trugen an Erfindergeist, Intuition, Klangvorstellung, künstlerischem Instinkt, Phantasie, Experimentiermut, Unabhängigkeit ihres wachsenden Wissens und wohl auch Eigensinn war ihr Ureigenes. Stainer beschäftigte keine Lehrlinge und Tutz für seinen Bereich auch nicht. Sein Sohn Rudi Tutz jun., der das Musikhaus seit 2003 führt, berichtet: „Für ihn war das Resultat das alles Entscheidende. Auf welchem Weg man dahin gekommen war, war nicht so wichtig. Mein Vater hat mir Dinge ganz kurz gezeigt: ,Schau, so mache ich’s‘, sagte er, und dann hieß es: ,Jeder, wie er will.‘ Und wenn ich manchmal gefragt habe, ‚Wie macht man es am besten?‘, war die Antwort oft: ‚Ich weiß es selber nicht.‘“
📚 Mehr zum Buch
Sachbuch Linde Brunmayr-Tutz, Franz Gratl (Hrsg.): Der Klangmeister Rudolf Tutz. Universitätsverlag Wagner, Ibk 2020.
Rudolf Tutz, als Holz- und Blechblasinstrumentenmacher ausgebildet, konzentrierte sich allmählich auf die Holzblasinstrumente, speziell Flöten und Klarinetten. Die Instrumente waren und sind begehrt. Nicht zuletzt durch Innsbruck als Zentrum der neu zu erforschenden Alten Musik und durch seine Bewunderung für die Meisterschaft der Altvorderen seiner Zunft wuchs Tutz in den Nachbau früherer Instrumente hinein. Großartige Ergebnisse sprachen sich weltweit herum. Ein früher Geniestreich war die Konstruktion der „Mozart-Klarinette“ mit erweitertem Tonumfang, für die es keine Vorlage gab. Außer Tutz’ Hellsichtigkeit, Klangvorstellung und handwerkliche Meisterschaft. Berühmte Solisten, Dirigenten und Wissenschafter suchten ihn auf, hörten seine Referate und folgten seinen Einflüssen. Er schuf legendäre Instrumente, ohne auf die Individualität der Spieler zu vergessen. Seine auf Verbesserungen abzielende Neugier gehörte auch dem modernen Instrumentarium. Die unstillbare Passion hat Rudolf Tutz, 1940 in Innsbruck geboren und 2017 hier gestorben, nie verlassen.
Nun ist ein Buch über ihn erschienen, das in einem schönen Puzzle namhafter Wegbegleiter sein Wirken und seine Persönlichkeit aus verschiedenen Perspektiven zeichnet. Franz Gratl leitet mit „Wurzeln, Werdegang und Wirken eines Originalgenies“ den Band ein, Linde Brunmayr-Tutz, Rudolfs zweite Frau und mit Gratl Herausgeberin des Buches, zitiert: „Der Klang muss sein wie eine Blumenwiese.“ Rudi Tutz jun. spricht über „Die Nachfolge“. Wesentliches erfährt man auch in dem ausführlichen Beitrag des Flötisten Barthold Kuijken, der Tutz 45 Jahre lang enger Freund und professioneller Partner war. Unter den weiteren Autoren sind Ernst Schlader, Peter Rabl, Rupert Fankhauser, Walter Lehmayer, Bernhard Trebuch, Marten Root und Marc Hantaï.