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Hans Gwiggner wird liebevoll das „wandelnde Lexikon von Wörgl“ genannt. Historiker schätzen sein Fachwissen – und die persönlichen Anekdoten.
Von Jasmine Hrdina
Wörgl –Es gibt kaum ein Fleckerl in Wörgl, zu dem er nicht eine Geschichte erzählen könnte: Hans Gwiggner ist ein wandelndes Wörgl-Lexikon. Jahrzehntelang diente der heute 84-Jährige als Stadtarchivar und Obmann des Museumsvereins, wirkte bei mehreren Büchern und digitalen Nachschlagewerken rund um die „Eisenbahnerstadt“ mit – selbst im Ruhestand wird er von Historikern und Interessierten angefragt.
„Wörgl war immer schon eine schnell wachsende Stadt. Eine bunte Stadt der Arbeiter, die aus allen möglichen Ländern herkamen“, schildert Gwiggner, wie Fabriken und die Eisenbahn das Leben der Marktgemeinde (1911) prägten, die 1951 zur Stadt erhoben wurde (mehr Infos unter www.heimat.woergl.at).
Was Bücher und Dokumente verraten, ist von unschätzbarem Wert – Gwiggners persönliche Erinnerungen unbezahlbar. So wie jene an den 5. Mai 1945. „Wir hörten Schüsse, dann sahen wir Rauch aufgehen über Schloss Itter.“ Der damals Achtjährige wohnte mit seiner Familie nur wenige hundert Meter vom Schloss an der östlichsten Ortsgrenze entfernt. „Was sich dort oben abgespielt hat, erfuhren wir erst viel später.“ Sie wurden Ohrenzeugen des Kampfes französischer und amerikanischer Soldaten gegen die Wehrmacht, die den Prachtbau aus dem 19. Jahrhundert als „Außenstelle“ des Konzentrationslagers Dachau für prominente Gefangene genutzt hatte.
Eigentlich wollte Gwiggner Baumeister werden, „weil ich so gern gezeichnet hab’“. Doch als Ältester von zehn Geschwistern konnte sich die Welt nicht nur um ihn drehen. „Ich durfte als Einziger die Hauptschule besuchen – damals war das ein Privileg.“ Als Laborant in der Stadtapotheke habe er regen Kontakt zu den Bürgern gehabt. Mit vielen Familiennamen, die sich seit Generationen in Wörgl halten, verbindet er Anekdoten.
Ein armer Bauerssohn, der – angespornt von einem vom Gemeinderat ausgesprochenen Heiratsverbot mit der Frau seines Herzens – mit einer Fabrik reich wurde; einer Männergruppe, die extra nach Westendorf reiste, um dort Wirtsleute mit der Bestellung von Sankt-Johanner-Würstel zu ärgern (damals wohl tabu); von einer zufälligen Bekanntschaft aus Sachsen, die Gwiggners Familie nach Monaten der Ungewissheit mitteilen konnte, dass der Vater in Kriegsgefangenschaft noch lebte (er kehrte im Februar 1946 heim) – wenn Gwiggner von „damals“ spricht, blüht er auf, die Augen leuchten, Kitsch und Nostalgie à la „früher war alles besser“ sucht man bei ihm vergebens.
Tragischen Ereignissen begegnet er pragmatisch. „Die wichtigsten Dinge in deinem Leben passieren dir einfach – ob du will oder nicht.“ Der Glaube als „Rückgrat der Gesellschaft“ spiele eine tragende Rolle in seinem Leben. So diente er als Pfarrgemeinderat, im Kirchenchor, war Lesepate und Bewährungshelfer. „Das schönste Geschenk, das mir Gott je gemacht hat, war meine Frau Rosa“, nennt der fünffache Vater seinen persönlichen historisches Höhepunkt. Vor drei Jahren verstarb sie.
Was bleibt im Wandel der Zeit? „Was sich wiederholt, ist der Wettbewerb“, meint Gwiggner. Der sporne zwar zu mehr Leistung an, sei aber mit Vorsicht zu genießen. „Auch Krieg ist eine Form des Wettbewerbs.“