Tiroler WK-Chef Walser: „Wirtschaftlich tragbare Wintersaison unrealistisch“
Zehn Prozent minus wird für die Wirtschaftsleistung 2020 errechnet, gerechnet wird mit einem Nächtigungsminus von 70 bzw. 90 Prozent.
Innsbruck –„Dass wir heuer noch eine wirtschaftlich tragbare Wintersaison zustande bringen, ist unrealistisch“, erklärte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser beim traditionellen Rück- und Vorausblick ins Tiroler Wirtschaftsjahr. Für die Wintersaison 2020/2021 rechnet die WK Tirol mit einem Nächtigungsrückgang von 70 Prozent – falls die Pandemie nennenswerte Nächtigungen aus dem Ausland Ende Februar/Anfang März zulässt. Bei diesem Szenario würde sich ein Wertschöpfungsverlust von rund vier Milliarden Euro ergeben. Insgesamt würden damit über 37.000 Vollzeit-Arbeitsplätze in Tirol verloren gehen.
Für den Fall, dass die Reisebeschränkungen bis Ende März 2021 andauern, sei ein Nächtigungsrückgang von 90 Prozent für die gesamte Wintersaison zu erwarten, was einem Totalausfall gleichkomme. Das würde einen Wertschöpfungsverlust von rund 5,2 Milliarden Euro bzw. 48.000 Vollzeit-Arbeitsplätzen bedeuten, alleine im Sektor Beherbergung und Gastronomie von über 21.000 Vollzeit-Arbeitsplätzen. Ein Ausfall der Wintersaison hätte in der Folge auch Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit, vor allem im Baubereich, erklärte Walser. Und er ging weiter: Die Bedeutung des Tourismus könnte für immer abnehmen, Volkswirt Stefan Garbislander spricht von einem „Strukturwandel, der sich durch die Zeit ergibt“.
Für das abgelaufene Jahr 2020 errechnete der Volkswirt ein Minus von 10 Prozent, also „einen Wirtschaftseinbruch von historischem Ausmaß“. Damit sei das Tiroler Minus deutlich stärker als das Minus im Österreichschnitt (7,5 Prozent). „Die Arbeitslosenquote erreichte im Jahr 2020 mit acht Prozent den höchsten Wert seit 1950“, rechnete Walser vor. Auch der Außenhandel litt unter den Folgen der Corona-Pandemie: Die Tiroler Exporte verringerten sich 2020 um rund fünf Prozent auf 11 Milliarden Euro. Das sei aufgrund des starken Pharmasektors aber deutlich weniger als im Österreich-Durchschnitt (11 Prozent), erklärte Walser.
Die Tiroler Wirtschaft sei also im Corona-Jahr im Gegensatz zur Wirtschaftskrise 2009/2010 überproportional betroffen. „Unsere Struktur erweist sich oft als Vorteil gegenüber anderen Standorten. Diesmal bewirkt sie leider das Gegenteil“, erklärte Walser. Denn: 40 Prozent der gesamten Wertschöpfung Tirols in Höhe von 31 Milliarden Euro würden von wirtschaftsbezogenen Dienstleistungen erzielt. Und besonders Beherbergung, Gastronomie, Seilbahnwirtschaft und Handel seien im Vergleich zu anderen Bundesländern in Tirol stark ausgeprägt. Der Ausblick auf 2021 ist aufgrund der gestarteten Impfung vorsichtig optimistisch. Eine spürbare Erholung sei für die zweite Jahreshälfte zu erwarten. Insgesamt werde sich im laufenden Jahr ein leichtes Wirtschaftswachstum von real rund zwei Prozent ergeben – falls es gelingt, die Pandemie zu beenden. (ver)