TVB-Projekt in Landeck kommt nicht zur Ruhe
Mitglieder stellen kritische Fragen zum längst geplanten TVB-Haus in Landeck. Stadtchef Mayer erwartet „möglichst rasche Realisierung“.
Von Helmut Wenzel
Landeck – Ist es noch zeitgemäß, neue Büroflächen zu schaffen, wenn es große Leerstände in Landeck gibt? Ist es noch zeitgemäß, Gelder langfristig in einem Verwaltungsgebäude zu binden, wenn der kleinste von 34 Tourismusverbänden in Tirol möglicherweise fusioniert oder neu strukturiert wird? Ist es noch zeitgemäß, in dieser Krise Prestigebauten mit Pflichtmitgliedsbeiträgen zu finanzieren? – Mit kritischen Fragen wie diesen hat eine Mitgliedergruppe des TVB TirolWest die Führungsspitze (Obmann Konrad Geiger und Geschäftsführerin Simone Zangerl) konfrontiert. Zudem plädiert die Gruppe für eine Nachdenkpause.
Hintergrund ist der nach wie vor umstrittene und seit einem Jahrzehnt geplante Neubau des Bürohauses im Zentrum der Bezirksstadt – in der Malserstraße im Unfeld des neuen Stadtplatzes. Die Größenordnung der Kosten soll zwischen 700.000 und 840.000 Euro liegen.
Die Fragen inklusive Antwortschreiben sind bei den Funktionären und Mitgliedsbetrieben seit Tagen im Umlauf und haben auch über den Jahreswechsel für Debatten gesorgt.
„Wir nehmen Beschwerden, Wünsche und Anregungen unserer Mitglieder nicht auf die leichte Schulter“, heißt es in dem detailreichen Antwortschreiben, das der sechsköpfige Bauausschuss inklusive Obmann Geiger unterzeichnet hat. Die Anregung für eine Nachdenkpause zum Büroneubau nehme man „durchaus ernst“.
Die Gremien des TVB TirolWest seien überzeugt, dass es keinen besseren Standort für eine zentrale Informationsstelle geben könne „als den jetzt ausgewählten“. Der optimale Standort sei der wichtigste Grund dieser Investition. „Wir sind dort eine zentrale Anlaufstelle für alle Mitgliedsgemeinden, liegen an der Via Claudia Augusta und an einem generell sehr wichtigen Verkehrs- und Radknotenpunkt. Landeck hat eine besondere Chance mit der Schweiz und Südtirol vor der Haustür.“ Seit mehr als zehn Jahren habe der Verband Überlegungen zu einem möglichen Büroneubau angestellt. „Jeder potenzielle Standort, jeder Leerstand, jede Freifläche wurden eingehend geprüft.“ Am Standort Reschenscheideckhaus biete der Neubau, der mit „einladender Architektur“ realisiert werde, Unabhängigkeit „von hohen Quadratmeterpreisen oder Privateigentümern“.
Das Projekt sei auch ein Beitrag zur Stärkung der Tourismusgesinnung in der Bevölkerung. Von einem Prestigebau könne keine Rede sein. Es handle sich um ein „modernes, ressourcenschonendes Zweck-Gebäude“. Übrigens habe man seit zehn Jahren entsprechende Rücklagen für das Neubau-Projekt angespart, eine Kreditaufnahme sei daher nicht nötig.
Es sei keinesfalls Aufgabe des TVB, Leerstände in der Stadt zu füllen. „Diese Problematik muss die Stadt Land-eck unbedingt in den Griff bekommen, etwa mit Unterstützung eines engagierten Talkesselmanagers“, erklärt der TVB in dem Schreiben.
Der neue Bürgermeister Herbert Mayer empfiehlt den Touristikern, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. „Die Stadt hat ihre Hausaufgaben erledigt, aus unserer Sicht ist das Projekt baureif.“ Ob das genehmigte Bauprojekt realisiert werde oder ob man sich in ein Mietobjekt einquartiere, sei Angelegenheit des Verbandes, in welche er sich keinesfalls einmische. Nur so viel: „Klar ist, dass der TVB einen Standort im Stadtzentrum haben sollte.“ Mayer erwartet, dass der Verband sein Büroprojekt „möglichst rasch realisiert“.
Im letzten Tourismusjahr vor der Pandemie (November 2018 bis Oktober 2019) erzielte der TVB TirolWest mit den Mitgliedsgemeinden Zams, Landeck, Fließ, Stanz, Tobadill und Grins rund 206.000 Nächtigungen. Das bedeutet den letzten Platz im Ranking der 34 Tiroler Verbände.
Andererseits ist der Tourismusbezirk Landeck mit mehr als 8,8 Mio. Nächtigungen (2018/19) die klare Nummer eins in Tirol. Das bedeutet eine Quote von rund 200 Nächtigungen pro Einwohner.