Demokraten drängen auf schnelle Entmachtung Trumps

Nach dem Sturm von Demonstranten aufs Kapitol drängen die US-Demokraten auf eine rasche Entmachtung von Präsident Donald Trump. Der demokratische Angeordnete Ted Lieu erklärte auf Twitter, seine Partei werde schon am Montag ein Amtsenthebungsverfahren auf den Weg bringen. Auch einige Republikaner fordern einen Rücktritt Trumps. Ob sich aber ausreichend Stimmen für eine Amtsenthebung vor dem regulären Ende von Trumps Präsidentschaft am 20. Jänner finden, war ungewiss.

Kritiker werfen Trump vor, die jüngsten Ausschreitungen im Parlamentsgebäude befeuert zu haben. Nachdem der Kurznachrichtendienst Twitter Trumps privaten Account gesperrt hat, schlossen andere Tech-Riesen wie Apple und Google die bei Trump-Anhängern beliebte Plattform Parler von ihren Diensten aus.

„Wir haben Videos der Rede, auf der (Trump) die Menge aufstachelt“, schrieb der Demokrat Lieu auf Twitter. „Wir haben Videos davon, wie der Mob das Kapitol gewaltsam angreift.“ Damit seien die Erfolgschancen für ein Amtsenthebungsverfahren nicht gering. Trump hatte sich zunächst hinter seine Anhänger am Kapitol gestellt, die Gewalt später aber verurteilt. Diese besänftigende Äußerung kam Insidern zufolge unter Druck von Beratern zustande, die Trump vor strafrechtlichen Folgen und einer Amtsenthebung warnten.

Dass der Vorstoß der Demokraten zur Amtsenthebung noch vor Trumps regulärem Abschied Erfolg haben wird, gilt als fraglich. In ein solches Verfahren müsste auch der Senat eingebunden werden, der bisher noch von Trumps Republikanern dominiert wird. Der Senat hat sich aber in einem ersten solchen Verfahren schon einmal hinter Trump gestellt. Doch auch nach der Amtsübernahme von Joe Biden und dem annähernd parallelen Wechsel der Mehrheit im Senat zugunsten der Demokraten könnte eine Verurteilung Trumps noch Folgen haben: In diesem Fall würde er von einer zweiten Präsidentschaftskandidatur ausgeschlossen.

Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat zudem gefordert, Trump auf Grundlage des 25. Verfassungszusatzes für amtsuntauglich erklären zu lassen und ihm damit die Macht zu entziehen. Das hat nach einem Bericht von CNN sogar Vize-Präsident Mike Pence nicht ausgeschlossen. Unter Pence‘ Beratern waren aber Befürchtungen aufgekommen, dass dies Trump zu noch extremeren Handlungen verleiten und die USA gefährden könnte, sagte eine dem Vize-Präsidenten nahestehende Person laut CNN. Ein Sprecher von Pence war am Samstagabend (US-Ortszeit) zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Trump hatte nach dem Sturm aufs Kapitol versöhnlichere Töne angeschlagen und einen geordneten Machtwechsel zugesagt. Später erklärte er allerdings, entgegen der Tradition nicht zur Amtseinführung seines Nachfolgers zu kommen. Dies wird aber Vizepräsident Pence tun, wie ein hochrangiger Regierungsvertreter am Samstag erklärte. Biden hatte signalisiert, dass ihm das Fernbleiben Trumps entgegenkomme. Zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump äußerte sich Biden nicht. Dies sei Sache des Kongresses, erklärte der Demokrat.

Trump hat die Wahl am 3. November verloren, dies aber bisher nicht offiziell eingestanden. Stattdessen erhob er immer wieder unbelegte Vorwürfe des Wahlbetrugs - nicht zuletzt auf Twitter. Der Kurznachrichtendienst sperrte inzwischen dauerhaft Trumps persönlichen Account, mit dem der Präsident fast 90 Millionen Menschen erreicht hatte. Twitter erklärte dies mit dem Risiko einer weiteren Anstiftung zu Gewalt.

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Ähnlich begründeten auch Apple und Google den Ausschluss der bei Trumps Anhängern beliebten Blog-App Parler aus ihren App-Stores. Dadurch verliert Parler den Zugang zu einem Großteil von iPhone- und Android-Nutzern. Dem folgte auch der als Online-Versand bekannte Konzern Amazon, der zugleich das Hosting von Websites anbietet - inzwischen aber nicht mehr für Parler. Das soziale Netzwerk habe es versäumt, die stetig zunehmenden Aufrufe zur Gewalt in den Griff zu bekommen, heißt es in einem Brief der zuständigen Amazon-Sparte AWS an Parler. Parler-Chef John Matze kritisierte den Schritt scharf.

Unterdessen wurden weitere Personen, die ins Kapitol eingedrungen und in den von dort verbreiteten Bildern zu sehen waren, festgenommen. Darunter seien der Mann, der Pelosis Redepult davonschleppte, und der Mann, der ein Fell und Hörner trug, teilte das Justizministerium mit.

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