US-Botschafter: Auch nach Trump enge Beziehungen mit Wien

Der scheidende US-Botschafter in Österreich, Trevor Traina, glaubt nicht an einen Rücksetzer in den bilateralen Beziehungen unter dem neuen Präsidenten Joe Biden. Die unter Donald Trump entstandene „neue Nähe wird nicht enden, sondern wird weitergehen“, betonte Traina im APA-Interview. „Ich denke, dass es in Washington ein neues Bewusstsein gibt für die strategischen Vorteile, die Österreich hat“, sagte der Kalifornier, dessen Amtszeit am Mittwoch mit jener Trumps endet.

Der österreichischen Regierung sei es „außerordentlich gut gelungen, Washington zu beeindrucken“, sagte Traina weiter, ohne Details zu nennen. Tatsächlich hat sich Österreich unter türkiser Führung stärker transatlantisch ausgerichtet und etwa auch die umstrittene Nahost-Initiative Trumps wohlwollender aufgenommen als die meisten anderen europäischen Staaten. Auf eine Frage nach seinem guten Verhältnis zu Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte Traina, „ein Freund von allen“ in Österreich zu sein.

Weil er Österreich so liebe, sei er „sehr traurig“, dass er am Mittwoch abreisen müsse, sagte Traina. Auf seine Bilanz sei er stolz. So habe er allein in seinem ersten Jahr zwölf Kontakte auf höchster Ebene zustande gebracht. Er sei der einzige US-Botschafter, der einem österreichischen Kanzler zwei Einladungen ins Oval Office überbringen konnte, und Mike Pompeo sei erst der zweite US-Außenminister seit dem Zweiten Weltkrieg gewesen, der Österreich offiziell besucht habe. „Mein wichtigstes Vermächtnis hier ist eine neue Nähe, eine Verbundenheit“, sagte Traina. „Die positiven Auswirkungen dieser neuen Nähe werden noch lange Zeit spürbar sein.“

Traina versicherte, dass er sich weiterhin „für die Sache Österreichs engagieren“ werde, weil dies seine „persönliche Leidenschaft“ sei. In diesem Zusammenhang führte er an, dass die neue US-Vizepräsidentin Kamala Harris „eine meiner ältesten Freundinnen“ sei. Er wäre auch bereit, unter der neuen demokratischen Regierung Botschafter zu bleiben, mache sich diesbezüglich aber „keine Illusionen“, weil der Posten in Wien sehr begehrt sei. Auch einem Botschafter-Comeback nach den Präsidentenwahlen 2024 schien er nicht abgeneigt.

Als „wirklich eindrucksvoll“ lobte Traina auf eine entsprechende Frage das Corona-Management der österreichischen Regierung. Mit seiner Familie sei er durchgehend in Österreich gewesen und habe sich dabei sehr sicher gefühlt. Die aktuellen Höchststände seien auf den Winter zurückzuführen, so Traina, der aber wegen der beginnenden Impfungen „Licht am Ende des Tunnels“ sieht. „Sehr bald werden wir alle wieder Walzer tanzen können“, sagte er.

Das Interview im Wortlaut:

APA: Sie verlassen Wien am Mittwoch mit der Inauguration von Präsident Biden. Mit welchen Gefühlen nehmen Sie Abschied, angesichts der großen Zuneigung, die Sie für Österreich spüren?

Traina: Ich bedauere es sehr und bin sehr traurig, dass ich Österreich verlasse. Ich habe in meinem Job härter gearbeitet, weil ich nicht nur mein Land Amerika liebe, sondern auch Österreich. Österreich war das erste Land, das ich in meinem Leben besucht habe, als mein Großvater auch hier Botschafter war, und bin geprägt von diesem Vermächtnis.

APA: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Traina: Keine Ahnung (auf Deutsch). Es ist offen. Schauma mal.

APA: Wofür werden Sie in Ihrem Koffer für die Heimreise Platz machen, damit Sie es aus Österreich mitnehmen können?

Traina: Was ich während meiner Zeit in Österreich alles gesehen, gelernt und getan habe, passt niemals in einen Koffer, aber ich werde den Katalog für meine Ausstellung über amerikanische Fotografie im Juni in der Albertina mitnehmen. Und das ist nicht nur ein Souvenir, sondern auch ein Grund, dass ich wieder zurückkomme.

APA: Sie kannten Österreich schon sehr gut, als Sie herkamen und kennen es nun noch besser. Gibt es trotzdem noch Dinge, die Sie überraschen?

Traina: Wenn Österreicher mir sagen: „Ach, wir sind so ein kleines Land“, sage ich immer, nein, ihr seid kein kleines Land, ihr seid ein wichtiges Land. Ich finde, dass Österreich eine leuchtende Zukunft hat, und ich nicht der Botschafter in Wien, sondern der in Österreich. Ich bin immer wieder von Bregenz bis zum Burgenland gereist und hab alle möglichen Leute getroffen, von Schülern bis zu den wichtigsten Führungsfiguren. Jedes Mal, wenn ich durch Österreich reise, entdecke ich etwas Neues, Tolles. Es ist wirklich ein unglaubliches Land.

APA: Wir wissen nicht, wer Ihr Nachfolger wird. Aber welchen Rat würden Sie ihm geben?

Traina: Manchmal scherze ich, dass die Hälfte meines Jobs darin besteht, Washington zu erklären, warum Österreich so wichtig ist, und die andere Hälfte ist, den Österreichern zu erklären, warum sie so wichtig sind. Österreich spielt im Herz Europas als stabile und westliche Demokratie so eine entscheidende Rolle, und ich hoffe, dass Amerika in Zukunft noch mehr an unseren gemeinsamen bilateralen Zielen arbeitet, insbesondere in Südosteuropa, wo wir genau dasselbe wollen, nämlich diese Demokratien zu stabilisieren.

APA: Sie haben in Ihrer kurzen Amtszeit ziemlich viel zustande gebracht. Gibt es etwas, was Sie noch gerne erreicht hätten? Wenn ja, was?

Traina: Mein wichtigstes Vermächtnis hier ist eine neue Nähe, eine Art Verbundenheit (auf Deutsch). Das ist wirklich so. Die Regierungen von Österreich und der USA haben sich nie zuvor so stark engagiert. In einem normalen Jahr wurde vielleicht ein Minister nach Washington eingeladen, in meinem ersten Jahr hatten wir zwölf Treffen auf höchster Ebene. Noch nie hat ein amerikanischer Botschafter einem österreichischen Kanzler zwei Einladungen ins Oval Office überbracht. Es gab den erst zweiten offiziellen Besuch eines Außenministers seit dem Zweiten Weltkrieg. Ich bin stolz auf die Verbindungen auf Regierungsebene, aber auch wirtschaftlich war Österreich unter den zehn am stärksten wachsenden Handelspartnern der USA, und die USA sind nach Deutschland der größte Abnehmer von österreichischen Gütern. Auf militärischer Ebene gab es zwei bilaterale Übungen, dann gibt es das neue Partnerschaftsprogramm und den Cultural Icon Award, der von Amerika an kulturelle Führungsfiguren vergeben wird, Studenten und Unternehmer. Das ist mein Vermächtnis. Und wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich noch mehr an dieser neuen Nähe arbeiten wollen. Aber ich bin eigentlich ganz zufrieden mit dem, was wir erreichen konnten.

APA: Das klingt aber so als ob Sie noch nicht wirklich fertig sind. Würden Sie gerne als Botschafter nach der nächsten Wahl wiederkommen?

Traina: Ich liebe es, in Österreich zu sein. Meine Familie ist gerne hier, und wir würden jede Gelegenheit gerne sehen, zurückzukehren. Es ist ein perfekter Platz zum Leben, ich liebe die Kultur, das Essen und die Menschen. Für meinen Job muss ich Skifahren und Wein trinken, also sollte mich niemand bemitleiden.

APA: Sie haben schon erwähnt, dass Kanzler Kurz ein gutes Verhältnis zu Präsident Trump hatte und er zwei Mal ins Weiße Haus eingeladen wurde. Kann dieses Verhältnis unter der neuen Regierung weiter von Nutzen sein oder gibt es eher die Gefahr, dass ihm das schaden wird, weil er von der neuen Administration als jemand gesehen wird, der zu „Trumps Lager“ gehört?

Traina: Diese neue Nähe wird nicht enden, sondern wird weitergehen. Die USA und Österreich haben auf verschiedenen Ebenen zusammengearbeitet und ich denke, dass es in Washington ein neues Bewusstsein gibt für die strategischen Vorteile, die Österreich hat. Ich werde in meiner Arbeit weiter für die Sache Österreichs eintreten. Die neue Vizepräsidentin Kamala Harris ist eine meiner ältesten Freundinnen und für mich ist das eine Familienangelegenheit und persönliche Leidenschaft. Ich denke, dass es der derzeitigen Regierung außerordentlich gut gelungen ist, Washington zu beeindrucken. Beim Treffen von Außenminister Schallenberg hat der Außenminister die meiste Zeit nur zugehört, die beiden sprachen über alles, von Libyen über die Türkei und den Balkan. Die positiven Auswirkungen dieser neuen Nähe werden noch lange Zeit spürbar sein.

APA: Sie sagten, dass die neue Vizepräsidentin eine Ihrer ältesten Freundinnen ist und sie kommt ja auch aus dem gleichen Bundesstaat. Gibt es irgendeine Möglichkeit, dass die neue Administration Sie für eine Amtszeit vorschlägt oder ist das angesichts der Art und Weise, wie Botschafterposten in den USA vergeben werden, unmöglich?

Traina: Ich würde der neuen Administration mit Freude meine Dienste anbieten und in Österreich bleiben. Glücklicherweise oder leider ist mein Botschafterposten einer der gefragtesten und ich bin mir sicher, dass es viele Leute im Umfeld des künftigen Präsidenten gibt, die meinen Job gerne hätte. Also mache ich mir keine Illusionen, dass ich ihn bekommen könnte.

APA: Vielleicht könnten Sie uns auch etwas zur österreichischen Coronabilanz sagen. Noch im Frühjahr war Kanzler Kurz stolz darauf, dass Österreich gut durch die Krise gekommen ist. Jetzt gibt es Kritik an der Performance der Regierung, die durchaus an jene in den USA erinnert. Wie schaut ihre Bewertung aus?

Traina: Der Umgang Österreichs mit dieser Pandemie war wirklich eindrucksvoll. Mit meiner Familie war ich die ganze Zeit hier und wir fühlten uns sehr sicher. Die Leute haben die Vorschriften ernst genommen. Es ist nicht die Schuld der Regierung, dass es im Winter wieder einen Höchststand gibt, das haben wir in vielen Ländern gesehen, auch in solchen, die sehr gute Vorkehrungen getroffen haben. Das ist einfach der Verlauf einer globalen Pandemie. Es ist verständlich, dass die Menschen frustriert sind, aber ich bin davon überzeugt, dass wir das Licht am Ende des Tunnels sehen und dass die Milliarden von Dollar, die die USA in die neuen Impfstoffe investiert haben, ein Geschenk für jeden von uns sein werden. In den USA wurden bereits vier Millionen Menschen geimpft, auch hier beginnen die Impfungen und sehr bald werden wir alle wieder Walzer tanzen können.

APA: Wir wissen, dass Sie sehr beeindruckt sind von Kanzler Kurz. Er wird aber auch kritisiert, weil er viel Steuergeld für Medienarbeit, PR und soziale Medien ausgibt. Finden Sie das gut, weil es modern und professionell ist, oder verstehen Sie die Kritiker, die darin ein Missbrauch von Staatsgeldern erkennen, um ein Zerrbild von der Regierungsarbeit zu zeichnen?

Traina: Es steht mir nicht zu, innere Angelegenheiten Österreichs zu kommentieren. Wie Sie wissen, bin ich ein Freund von allen und stolz auf die Beziehungen, die ich geschaffen habe. Die österreichische Regierung wird international sehr positiv gesehen und ist sehr modern. Wir befinden uns im digitalen Jahrhundert, und die Länder, die sich im digitalen Bereich gut schlagen, werden erfolgreich sein. Deshalb hat die US-Botschaft ein Austauschprogramm für Österreicher mit dem Silicon Valley gestartet. Ich habe Ihren Kanzler nach Silicon Valley begleitet, um ihm vielen der dortigen Führungsfiguren vorzustellen. Wir müssen die digitale Zukunft annehmen, wenn wir modern sein wollen.

(Das Gespräch führten Edgar Schütz und Stefan Vospernik/APA)

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