Corona-Krise

Covid-Maßnahmen: „Menschen mit Behinderung oft gar kein Thema“

Wie werden am Coronavirus erkrankte Menschen mit Behinderung in Spitälern medizinisch versorgt? Klar geregelt ist das noch nicht.
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Laut Lebenshilfe Tirol fehlt Plan, wie an Corona erkrankte behinderte Menschen im Spital versorgt werden sollen. Diakoniewerk für mehr Infos in einfacher Sprache.

Von Serdar Sahin

Innsbruck – Ende Februar 2020 wurden die ersten Corona-Fälle hierzulande registriert. Die Krise ist auch nach fast einem Jahr nicht vorbei – und sie belastet. Mit welchen Herausforderungen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, erzählen zwei Tiroler, die in dem Bereich arbeiten.

Die Lebenshilfe Tirol ist die größte Organisation, die Menschen mit Behinderungen unterstützt. Nach eigenen Angaben begleiten rund 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über 2000 Klientinnen und Klienten. Seit November gebe es in der Assistenz und in anderen Bereichen durchgehend FFP2-Maskenpflicht. Seit November seien auch Antigentests im Einsatz, um Cluster zu vermeiden, erklärt Georg Willeit, Geschäftsführer der Lebenshilfe Tirol. „Deswegen ist es uns gelungen, relativ unbeschadet durch die herausfordernde Krise zu kommen. Um Angehörige zu entlasten, wurde die Begleitung im Wohnen sogar ausgebaut.“

Die wenigen Corona-Fälle habe man selbst weiter begleitet, solange sie nicht unbedingt in ein Krankenhaus mussten – etwa bei häuslicher Quarantäne, sagt Willeit. „Das Gesundheitssystem so zu entlasten war unser Beitrag für die Gesellschaft.“

Unklar sei derzeit jedoch, wie an Corona erkrankte Menschen mit Behinderungen im Spital medizinisch versorgt werden sollen – vor allem, wenn es sich dabei um Menschen mit herausfordernden Verhaltensweisen handelt, so Willeit. „Bis dazu vernünftige Gespräch in Tirol zustande gekommen sind, hat es sehr lange gedauert.“ Die Verantwortlichen seien gerade dabei, ein Konzept für Quarantänestationen zu erarbeiten. Gar keinen Plan gebe es dazu, wenn Menschen mit Behinderung intensivmedizinisch betreut werden müssen. „Dieses Konzept fehlt noch. Auf diese lange Forderung bekommen wir wenig Resonanz“, kritisiert Willeit.

Aus dem Büro von Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) heißt es dazu: „Derzeit finden in Abstimmung mit den Einrichtungen der Behindertenhilfe Gespräche statt, um bei einer Corona-Infektion von behinderten Menschen noch besser auf die individuelle Situation einzugehen.“

Und weiter: „KlientInnen, die eine stationäre Betreuung benötigen, werden ihren Krankenhausaufenthalt entsprechend ihres Genesungsverlaufs länger dort verbringen können. Eine medizinische Betreuung wird dadurch jedenfalls gewährleistet.“ Zudem werde bei Patientinnen und Patienten mit einer Behinderung besonders sensibel vorgegangen und der „Austausch zwischen der Krankenanstalt und der Betreuungseinrichtung bzw. Angehörigen intensiviert“.

Stephan Mader, Leiter der Behindertenarbeit im Diakoniewerk Tirol, weist auf andere Probleme hin. „Menschen mit Behinderung waren in den vergangenen Monaten oft gar kein Thema.“ Es sei von Pflege- und Altenheimen, aber wenig über die Problematiken von Menschen mit Behinderung gesprochen worden, befindet Mader.

Wichtig ist ihm, dass Menschen mit Behinderung gut über das Coronavirus, die Maßnahmen und die Impfungen informiert werden. „Gerade im Bereich, wo Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen leben, wohnen und arbeiten, helfen Informationen in leichter Sprache – in einer Form, die leicht zugänglich ist.“ Zwar gebe es schon entsprechendes Infomaterial, aber es sei trotzdem schwierig.

Froh ist man darüber, dass nun Menschen mit Behinderung in der ersten Phase geimpft werden. In der Lebenshilfe läuft die Immunisierung laut dem Geschäftsführer bereits. Im Diakoniewerk wartet man noch auf das Vakzin. Mader: „Wir hoffen, dass auch wir bald mit dem Impfangebot starten können.“

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