„Verschwunden: Tatort Cecil Hotel“: Ein Ort, an dem nicht nur Träume sterben
Auch Jack Unterwegers Tatort: Eine True-Crime-Serie rekonstruiert die grausame Historie des Hotel Cecil.
Innsbruck – Mike und Sabina Baugh wollten einfach Urlaub machen. Also buchten sie ein Zimmer im Hotel Cecil, das nicht nur günstig ist, sondern in Los Angeles Downtown auch zentral liegt. Dass es mitten in LA, wo doch bekanntlich Träume wahr werden, an einem „Ort, an dem deine Träume sterben“, im so genannten „Todeshotel“ übernachtete, wusste das junge Paar noch nicht. Selbstmord, Vergewaltigung, Mord – damit war das Cecil bekannt geworden. Nicht nur Massenmörder Richard Ramírez (der „Night Stalker“) wohnte dort, auch Jack Unterweger, österreichischer „Knastpoet“ und posthum verurteilter Mehrfach-Möder, stieg im Cecil ab. Drei Frauen soll er dort 1991 ermordet haben, stranguliert mit ihrer eigenen Unterwäsche. 2013 war das Cecil erneut in den Schlagzeilen: Elisa Lam, eine 21-jährige Studentin, verschwand spurlos.
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Detailreich ausgeschmückt, in Teilen schrill, aber besonders spannend rekonstruiert „Verschwunden: Tatort Cecil Hotel“ (Netflix) jetzt die mehr als düstere Geschichte des Grusel-Hotels, ausgehend vom letzten Kriminalfall. 19 Tage lang dauerte die Suche nach Elisa Lam. Kameraaufzeichnungen aus dem rund 600 Zimmer großen Hotel verrieten: Lam hatte das Cecil nie verlassen. Gefunden wurde ihr Leichnam schließlich im Wassertank auf dem Dach des Hauses.
10 Jahre, 80 Todesfälle
Es ist ein Fall mit etlichen Widersprüchen: Wurde Lam ermordet? War es Selbstmord oder gar ein Unfall? Die True-Crime-Serie schafft es, den Zuseher ständig auf eine andere Fährte zu locken – und einmal mehr zeigt die Spannungskurve dieser sehr amerikanischen Serie konstant steil nach oben. Schöpfer Joe Berlinger, der Metallica für die Doku „Some Kind of Monster“ begleitete oder sich 2019 in einem Thriller auf die Spur von Massenmörder Ted Bundy begab, setzt dabei auf den O-Ton von Polizisten, Hotelpersonal und Gästen. Und damit auf schockierende Meldungen: In den zehn Jahren, in denen Amy Price das Cecil leitete, erlebte sie dort 80 Todesfälle.
Berlinger lässt genauso ausgiebig die Internet-Community zu Wort kommen, die den Fall Lam seit Anfang begleitet. Etliche Hobby-Ermittler liefern abenteuerliche Entdeckungen neben kruden Verschwörungstheorien; selbst okkulte Rituale und Spukfantasien scheinen zeitweise zumindest möglich. Gut, dass die Serie nie komplett ins Surreale abdriftet, sondern einigermaßen nüchtern auch von der katastrophalen Situation in Skid Row berichtet, einem Gebiet, in dem seit den 80ern die Obdachlosensituation nicht mehr kontrollierbar ist. Drogenmissbrauch und Kriminalität sind extrem hoch. Und mittendrin: das berüchtigte Hotel Cecil. (bunt)