"Tribes of Europa": Der große Krieg wird kommen
Die bisher epischste Netflixserie aus Deutschland ist jetzt online: „Tribes of Europa“ kämpft für einen vereinten europäischen Kontinent.
Von Barbara Unterthurner
Innsbruck – Am 31. Dezember 2029 wurde plötzlich alles dunkel. Die Welt ging zugrunde. Die alten Nationen, Deutschland, Frankreich, Österreich, starben, übrig blieben die Tribes. Stämme wie die Origines, die „Stimmen des Waldes, Blut der Erde, Atem des Winds“ oder einfach eine Horde Neo-Hippies, die nach den Regeln der „Mutter“ im Einklang mit der Natur leben. Ihr ziemlich genaues Gegenteil: die Crows, ein Volk Lederbemantelter, die in ihrer Fabrik arbeiten lassen und sich die Zeit in einer Art Berghain mit Gladiatorenkämpfen vertreiben. Technosound inklusive.
Das Leben der Zukunft verspricht also ganz schön rau zu werden. So jedenfalls ersinnt es die Serie „Tribes of Europa“, die seit Kurzem auf Netflix verfügbar ist. Es ist wohl die bisher aufwändigste deutsche Produktion für den US-amerikanischen Streamingriesen. Showrunner Philip Koch setzt auf epische Szenen aus der Postapokalypse, tiefe Wälder, riesige Industriebaracken, einen Mix aus (gebrochenem) Englisch und Deutsch und literweise Blut.
2074 ist die Welt also wieder im Mittelalter angekommen. Assoziationen an „Tribute von Panem“, „Die Bestimmung – Divergent“, „Mad Max“ oder „Game of Thrones“ sind schnell da. Aber zuerst zur Story: Im Zentrum stehen die jungen Origines-Geschwister Elja (David Ali Rashed), Liv (Henriette Confurius) und Kiano (Emilio Sakraya), die nach einem blutigen Angriff der Crows getrennt werden. Elja entkommt mit dem magischen Cube, einer Technologie, nach der alle Völker trachten. Er soll sie alle retten, denn aus dem Osten rasen die „schwarzen Schwärme“ auf Europa zu. Wer sie sieht, stirbt. Der große Krieg wird kommen.
Während Elja versucht, den Cube an seinen Bestimmungsort zu bringen, um die zentralen Fragen der Serie (Was ist eigentlich im „schwarzen Dezember“ passiert?) zu beantworten, versuchen Liv und Kiano zu überleben. Sie hat sich in der Republik der Crimsons (angeführt vom Österreicher Robert Finster, der zuletzt als „Freud“ auf Netflix zu sehen war) einen Namen gemacht. Während er bei den Crows und seiner Anführerin Lord Varvara (Melika Foroutan) unfreiwillig mächtig im Kurs steigt.
Dafür hat Elja Schrotthändler Moses (Oliver Masucci) zur Seite gestellt bekommen, einen Han-Solo-Abklatsch, der nicht so richtig in die Gänge kommen will. Keine der Figuren hat den Durchblick. Da werden doch Erinnerungen an die Vorgängerproduktion von Tribes-Produzent Quirin Berg wach: „Dark“ punktete mit seinem Mut zur Komplexität. Derart verschachtelt ist der Plot von „Tribes of Europa“ eigentlich nicht. Deshalb aber nicht ganz ohne den ein oder anderen Twist.
Dennoch: Die Story zu „Tribes of Europa“ wird den epischen Bildern nicht gerecht, zeigt Europa aber divers und experimentierfreudig. Kein schlechter Ansatz also.