Gut-Behrami vs. Vlhova - Thriller um Kugel kündigt sich an
Während bei den alpinen Ski-Herren Alexis Pinturault doch recht zielstrebig auf seinen Sieg zusteuert, bahnt sich um die große Weltcup-Kristallkugel bei den Damen ein Herzschlagfinale an. Vor den letzten Rennen liegt die Schweizerin Lara Gut-Behrami 187 Punkte vor der Slowakin Petra Vlhova in Front. Jeder Zähler könnte am Ende den Ausschlag geben. Die Österreicherinnen müssen nach einem weiteren durchwachsenen Speed-Wochenende ihre Wunden lecken.
Und das trifft unglücklicherweise wortwörtlich zu, denn in Person von Rosina Schneeberger muss das ÖSV-Team im Saisonfinish noch einen weiteren Ausfall einer Läuferin verkraften. Die 27-jährige Tirolerin stürzte am Sonntag beim Super-G in Val di Fassa so schwer, dass sie sich einen Bruch des Unterschenkels zuzog. Für jene Kolleginnen, die zu dem Zeitpunkt noch auf ihren Start warteten, war der Ausfall Schneebergers ein Schockmoment, der nicht ohne Auswirkungen auf das eigene Rennen blieb.
Ramona Siebenhofer berichtete, dass man die Schmerzensschreie bis ins Starthaus gehört habe. „Es war dann schwierig, das auszublenden“, sagte die Steirerin, die letztlich den 23. Platz belegte. Als Ausrede für die eigene Leistung solle das Schicksal der Zimmerkollegin aber keineswegs herhalten, dazu seien die Sportlerinnen professionell genug. „Der Super-G bleibt meine Problemdisziplin“, sagte Siebenhofer. „Es fehlt mir ganz einfach die Sicherheit.“
Tamara Tippler war als Achte am Sonntag beste Österreicherin und meinte nachher: „Es gibt eben Orte, wo man nicht so gut zurechtkommt. Trotzdem will ich ein gutes Saison-Finish fahren.“ Siebenhofer war in den Abfahrten an den beiden Tagen zuvor Zweite und Vierte. Sonst erreichte keine aus der Speed-Mannschaft annähernd ihr volles Potenzial. „Ich habe genau das Gegenteil von dem gemacht, was ich mir vorgenommen habe“, sagte Christine Scheyer nach ihrem 12. Rang im Super-G. „Ich habe im Sommer viel Arbeit vor mir“, resümierte Stephanie Venier.
Wie am Schnürchen, auch wenn sie am Sonntag das Speed-Triple im Trentino verpasste, läuft es dagegen für Gut-Behrami. Wenn man den Parallelbewerb bei der WM in Cortina d‘Ampezzo ausklammert, da scheiterte sie in der Qualifikation, war die 29-Jährige seit ihrem zweiten Abfahrtsplatz am 23. Jänner in Crans-Montana 11 Rennen durchgehend in den Top-Drei-Rängen. Sieben davon gewann Gut-Behrami - vier Super-G, zwei Abfahrten und den WM-Riesentorlauf.
Die erste Belohnung für ihre Saison ist die kleine Kristallkugel für die Super-G-Wertung, für sie „wunderschön und etwas ganz Besonderes. Schließlich ist mein letzter Kugelgewinn schon viele Jahre her“. Wenn die Tessinerin ihre Überform in drei Disziplinen auch bei den letzten Weltcup-Stationen noch ausspielen kann, wird es Vlhova schwer haben, erstmals die große Kugel zu holen. Am Sonntag machte die Slowakin als 32. keine Punkte, ehe es nächstes Wochenende für einen Riesentorlauf und einen Slalom nach Jasna in ihr Heimatland geht.
Gut-Behrami fährt keine Slaloms und hätte, selbst wenn sie sich dazu entschließen sollte, kaum Aussicht auf Punkte. Sie wird in den nächsten zwei Wochen mehr Freizeit haben. Es seien zuletzt „lange Tage“ gewesen, sie kämpfe „wie viele andere auch mit der Müdigkeit“, sagte Gut-Behrami. „Zu Hause abschalten, das ist das, was ich jetzt am meisten benötige.“
Der Matchplan von Vlhova ist klar. Die 25-Jährige muss in Jasna sowie daran anschließend bei den zwei Slaloms in Aare den Vorsprung ihrer Konkurrentin wettmachen. Dann würde vor dem Finale in Lenzerheide, wo alle vier traditionellen Einzeldisziplinen gefahren werden, annähernd Gleichstand herrschen - und es käme auf jedes Rennen an. Ein echter Thriller kündigt sich an.