Schweizer Bundespräsident findet Grünen Pass „interessant“

Der neue Schweizer Bundespräsident Guy Parmelin findet die Idee eines „Grünen Passes“ „interessant“. Ein europäisches Impfzertifikat werde „wahrscheinlich in Zukunft nötig sein, um zu reisen“. Wichtig sei aber, dass hier koordiniert vorgegangen werde, betonte er am Dienstag bei seinem Antrittsbesuch in Wien in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Aufgeschlossen zeigte sich Parmelin auch gegenüber einer Impfstoffproduktion in Europa.

Parmelin regte an, auch die Medikamentenproduktion mitzubedenken und verwies darauf, dass die Schweiz sowie Belgien und auch Deutschland eine starke Pharmaindustrie hätten. Es solle angesichts der Corona-Pandemie und ihren Mutationen Überlegungen geben, wie „können wir in Zukunft in Europa einen starken Standort für solche neuen Herausforderungen“ haben. Er sei überzeugt, „es braucht mehrere Kräfte, mehr Innovation, mehr Initiativen, und das braucht gemeinsame Arbeit, sonst haben wir keine Chance.“

Van der Bellen betonte, dass eine Impfstoffproduktion „keine Produktion von Küchenmessern oder Kartoffeln ist, sondern das ist eine hochkomplexe Angelegenheit“. Europa hätte aber ein Interesse daran, die Impfstoffproduktion zu steigern, „weil wir Mengenprobleme haben“.

Die bilateralen Beziehungen wurde von beiden Staatsoberhäuptern als sehr positiv bezeichnet. Zwischen der Schweiz und Österreich konnte der Personen- und Warenverkehr „zu jeder Zeit aufrechterhalten werden“, erklärte Van der Bellen. Die Handelsbeziehungen hätten während der Pandemie nicht gelitten. Im Gegenteil: „Erstaunlicherweise haben wir ein leichtes Plus festgestellt.“ 65.000 Österreicher, die in der Schweiz leben, bildeten die zweitgrößte Gruppe der Auslandsösterreicher. 9.000 Grenzgänger würden täglich in die Schweiz zur Arbeit pendeln.

Auch Parmelin betonte die Bedeutung dieses Austauschs. Deswegen sei der Raum aus den Schweizer Quarantäneregeln ausgenommen worden. Die Schweizer Regierung habe zudem der Strategischen Partnerschaft mit Österreich am 24. Februar zugestimmt, die Erklärung könne demnächst von den Außenministern beider Länder unterzeichnet werden. Ziel sei, die Kooperation in gewissen Bereichen weiterzuentwickeln.

Angesprochen auf die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sagte Parmelin, dass derzeit eine Lösung der offenen Punkte in den Verhandlungen zu dem Rahmenabkommen gesucht werde. Danach werde die Regierung entscheiden. Die Schweiz habe aber Interesse an guten Beziehungen zu Brüssel. Europa stehe vor großen Herausforderung, die jedes Land einzeln überfordere und zur Zusammenarbeit verpflichte, so Parmelin, der auch Wirtschafts- und Forschungsminister ist und der traditionell europaskeptischen rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) angehört.

Van der Bellen betonte, dass die Schweiz über Jahrzehnte „beste Beziehungen zur EU“ habe und dass es im Interesse aller sei, „dass sich nichts zum Schlechteren ändert“. Wenn die Volksabstimmung über das Rahmenabkommen eine Hürde bedeute, dessen Ergebnis offen sei, „scheuen natürlich alle vor diesem Risiko zurück“. Dann „sollten wir, die Schweiz, die EU, die EU-Kommission sich überlegen, wie wir über die Runden kommen mit oder ohne dieses institutionelle Rahmenabkommen, weil es im Interesse der 27 EU-Staaten und der Schweiz ist, dass es hier keine Brüche gibt.“ Seit vier Jahren gebe es hier eine „Art Pattsituation“, sagte Van der Bellen weiter. Er frage sich, welche Alternativen es gebe, die Situation zu erleichtern.

Bei dem Wien-Besuch Parmelins handelte sich um die erste Auslandsreise des Schweizer Bundespräsidenten, der für das Jahr 2021 gewählt wurde. Begleitet wurde Parmelin auch von Staatssekretärin Livia Leu, die als Chef-Unterhändlerin der Schweiz für das Europa-Dossier in Brüssel zuständig ist. Parmelin traf u.a. auch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zusammen. „Die Schweiz und Österreich sind wichtige Nachbarn und Partner“, betonte Kurz in einer Stellungnahme. Er „freue sich daher, dass unsere exzellenten bilateralen Beziehungen durch eine gemeinsame Absichtserklärung zur strategischen Partnerschaft noch weiter vertieft werden. Dafür habe ich dem Schweizer Bundespräsidenten gedankt.“

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