Fünftel der Corona-Impfdosen in Österreich nicht verabreicht

In Österreich sind rund ein Fünftel der gelieferten Coronavirus-Impfdosen noch nicht verimpft worden. Estland und Litauen wiederum haben laut den Daten der EU-Gesundheitsbehörde ECDC alle erhaltene Vakzine genutzt. Für Österreich wurden laut den jüngsten Daten der ECDC vom Dienstag 79,20 Prozent als verimpft angegeben. Im EU-Vergleich landete Österreich hier auf dem siebenten Platz, hinter den baltischen Ländern sowie Dänemark, Polen, Portugal und Griechenland.

Bei einem Stand von 825.315 ausgelieferten Dosen der drei zugelassenen Hersteller bedeutet das, dass in Österreich 653.382 Dosen auch tatsächlich verabreicht wurden. Die sechs Länder vor Österreich verzeichneten eine Quote von mehr als 80 Prozent.

Das Gesundheitsministerium betonte auf Anfrage der APA, dass für die Umsetzung, also die Immunisierung, die Länder zuständig sind. Bei geplanten Impfkampagnen in Regionen könne es dabei zu Verzögerungen kommen. „Es wird tagesaktuell intensiv geimpft, geplant und natürlich müssen auch für den zweiten Impfdurchgang Vorkehrungen getroffen werden. Die Lager werden daher nie ganz leer sein“, erläuterte das Ministerium und sah im EU-Vergleich die „sehr gute Arbeit Österreichs“ bestätigt.

In der Besprechung mit den Landeshauptleuten am gestrigen Montag habe man außerdem darauf hingewiesen, dass „alle gelieferten Mengen so zeitnah wie nur irgendwie möglich verimpft werden. Gerade angesichts der nunmehrigen Vervielfachung der Liefermengen ist dies von eminenter Bedeutung“, hieß es aus dem Gesundheitsministerium.

Laut dem nationalen Impf-Dashboard wurden bisher 891.515 Impfdosen nach Österreich geliefert. Davon waren 670.208 Stiche in den E-Impfpass eingetragen (das entspricht 75,2 Prozent der gelieferten Impfdosen), der sich noch immer im Aufbau befindet und derzeit rund 90 Prozent der Impfungen abbildet. Dem Dashboard zufolge haben bisher in Österreich 434.711 Menschen - 4,9 Prozent der Gesamtbevölkerung - zumindest eine Impfdosis erhalten. 2,65 Prozent haben beide erforderlichen Dosen erhalten und den vollen Schutz.

Bei den der ECDC eingemeldeten Daten war die Differenz zwischen verfügbaren und verimpften Vakzinen beim Impfstoff Moderna besonders deutlich. Demnach wurden 73.200 Dosen ausgeliefert, von denen aber nur 20.265 verabreicht wurden. Von AstraZeneca hat Österreich 156.000 Dosen erhalten, 92.474 wurden verimpft. Am meisten wurde bisher von Biontech/Pfizer nach Österreich gebracht, insgesamt 596.115 Dosen. Verabreicht wurden davon bisher 540.643.

Die beiden baltischen Staaten Estland und Litauen meldeten eine Verimpfungsquote von 100 Prozent ein. Besonders hoch war die Verabreichungsquote auch mit 92,80 Prozent in Dänemark. In Deutschland wurden laut den ECDC-Daten bisher 67,80 Prozent der Impfdosen verabreicht. Die mit Abstand niedrigste Impfquote wies Ungarn mit nur 44,60 Prozent auf. Knapp mehr als die Hälfte der gelieferten Impfdosen haben die Niederlande verabreicht, sie kamen auf 51,20 Prozent.

Die Daten der ECDC stammen aus dem Europäischen Überwachungssystems (TESSy). Dieses analysiert und wertet die Daten der Länder bezüglich Infektionskrankheiten aus. Zweimal in der Woche melden die einzelnen EU/Europäischen Wirtschaftsraum(EWR)-Länder die Impfdaten, die Auswertung erfolgt retroperspektiv.

Kritik am österreichischen Impftempo kam am Dienstag von der niederösterreichischen Ärztekammer und den NEOS. „Lautete das Motto vor einigen Wochen noch testen, testen, testen, so sollte es mittlerweile impfen, impfen, impfen heißen“, forderte der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Dietmar Baumgartner. „Geht es in diesem Tempo weiter, dauert es noch viele Monate, bis alle Menschen in Österreich zwei Impfungen erhalten haben. Wir werden uns daher bei der Durchimpfung gewaltig steigern müssen, um das angepeilte Ziel, bis Mitte des Jahres alle impfwilligen Menschen geimpft zu haben, zu erreichen“, betonte er. Die Ärzte seien dafür jedenfalls gerüstet, bekräftigte er.

„Es ist einfach unfassbar, dass zigtausende Dosen kostbarster Impfstoff in Österreich ungenutzt herumliegen“, empörte sich NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. „Moderna ist im Gegensatz zu AstraZeneca - bei dem das Nationale Impfgremium leider wider Erwarten und auch entgegen der eigenen Ankündigungen nach wie vor auf der Bremse steht - auch für die schwer gefährdete Altersgruppe der Über-65-Jährigen zugelassen. Es ist grob fahrlässig, dass man diesen Impfstoff nicht sofort an diese Personengruppe verimpft“, kritisierte Loacker. Dass in Österreich die Umsetzung der Impfungen den Bundesländern überantwortet wurde, sei „ohne (zentrale) Planung und Koordinierung ein großer Fehler und ein Totalversagen der Bundesregierung“ gewesen. Loacker forderte zusätzliche Kapazitäten. „Sonst wird das Impfen, wenn die großen Liefermengen kommen, endgültig zum Desaster“, befürchtet der Abgeordnete.

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