Schubert Theater plant nun Figuren-Spaziergänge

„Nachdem wir den vierten Spielplan verwerfen mussten, haben wir aufgehört zu planen.“ Simon Meusburger, Direktor des kleinen Wiener Schubert Theaters, klingt schon ein wenig resigniert. Daran hat auch die jüngste Regierungs-Pressekonferenz nichts geändert. „Die hat nichts Neues ergeben. Es gibt weiter nichts, woran wir uns festhalten können. Und es gibt mit uns weiter keine Gespräche auf Augenhöhe. Das ist schmerzlich für alle Kulturschaffenden.“

Vor fast vier Monaten hat die auf Figuren- und Puppentheater spezialisierte Bühne in Wien-Alsergrund das bisher letzte Mal vor Publikum gespielt. „Der ganze Winter war noch etwas finsterer also sonst. Umso mehr sehnen wir uns alle nach dem Frühling und der Wiedererweckung der Kunst- und Kulturszene“, war jüngst einer Aussendung zu entnehmen. „Denn nur weil es still war, gab es noch lange keinen Stillstand bei uns: Ein frisch renoviertes Theater und drei Premieren warten darauf, endlich vom Bühnenlicht erhellt und von Ihnen gesehen zu werden!“

Noch im Jänner klang das deutlich kämpferischer. „Euer Umgang mit Kulturschaffenden und Kulturbetrieben ist eine Schande“, richtete man da den „lieben PolitikerInnen“ aus: „Während wir geschlossen haben, sucht ihr das Rampenlicht und spielt uns Theater vor. (...) Auf eurem Spielplan stehen Drama und Realsatire. Aber wir haben jetzt genug gesehen.“ Im ersten Lockdown las die hauseigene „Corona-Beauftragte Frau Resch“ (natürlich eine Puppe) sogar in einer eigenen Pressekonferenz der Regierung die Leviten und führte die Absurdität mancher Corona-Bestimmung vor. Doch die langen Lockdown-Monate haben zu Ernüchterung und Ermüdung geführt.

„In der Szene ist die Stimmung sehr unterschiedlich“, erzählt Meusburger im Gespräch mit der APA. „Und auch ich bin hin- und hergerissen.“ Einerseits herrsche Verbitterung, dass alle Studien ignoriert würden, die das Risiko von Indoor-Veranstaltungen bei Vorliegen entsprechender Sicherheitskonzepte als gering einstuften, andererseits gebe es eine gewisse Resignation angesichts der allgemeinen Corona-Situation, bei der auch andere Branchen hart getroffen würden.

Das Schubert Theater, das normalerweise zwei Drittel seines Budgets aus Einnahmen bestreite, habe zwar Fixkostenersatz beantragen können, doch die Künstler hätten als Freiberufler keine Möglichkeit gehabt, in Kurzarbeit zu gehen. Die freien Künstler treffe es am härtesten. Im ersten Lockdown habe man noch unermüdlich Aktivitäten gesetzt, über 100 Kurzfilme mit den Puppen produziert, im zweiten Lockdown das Theater umgebaut, nun bereite man sich auf einen Tag X vor, von dem keiner wisse, wann es tatsächlich so weit sei.

10 bis 14 Produktionen hat man im Repertoire, drei Neuproduktionen sind startbereit: „Go West!“, die Adaption des chinesischen Romans „Die Reise in den Westen“, die „zwischen Systemkritik, Computerspiel, buddhistischen Lehren, Comedy und einer großen Geschichte wechselt“, die turbulente Gruselkomödie „Shakespeare im Blut“, sowie die ebenso poetische wie schräge Produktion „Strawberry Fields forever“. „Wir wollen mit einem Premierenfeuerwerk eröffnen und so viel wie möglich nachholen“, versichert Meusburger und weiß gleichzeitig, dass er bei einem Pflicht-Abstand von zwei Metern gerade mal 20 Besucher in seinem 72-Plätze-Theatersaal unterbrächte.

Weil dieser Tag X nun wohl frühestens Mitte April kommt, denkt Meusburger, „an sich gar kein Streaming-Fan“, daran, demnächst zumindest einige Szenen der bisher letzten Produktion „May.Be“ für das Web aufzunehmen, und bereitet sich auch auf Open-Air-Einsätze vor. Beim Wiener Kultursommer, wo man im vergangenen Jahr mit Auszügen zweier Produktionen vertreten war, wird man sich wohl wieder bewerben, und erstmals plant der Bezirk einen eigenen „Alsergrunder Kultursommer“ zwischen Juni und September. Dafür will das Schubert Theater unbedingt einreichen.

„Wir denken dabei an eine Art ‚Spaziergang für die Figur‘, bei dem wir mit unserem Publikum zu ein paar Stationen rund um das Theater gehen. Pandemiemäßig wären wir da auf der sicheren Seite.“ Für einen Auftritt beim Würstelstand vis-a-vis wäre auch die zuletzt recht müde gewordene Corona-Beauftragte Frau Resch sicher zu gewinnen, meint der Direktor. Die sei ja im Hauptberuf, wie man bei ihrem Programm „Die Welt ist ein Würstelstand“ gesehen habe, Würstelverkäuferin. Und ihr Motto könne durchaus Hoffnung auch in diesen düsteren Lockdown-Zeiten machen: „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.“

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