Orban zieht seine Partei aus der EVP-Fraktion zurück

Die Abgeordneten der ungarischen Fidesz-Partei verlassen die Fraktion der bürgerlichen Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament. Dies teilte der ungarische Ministerpräsident und Fidesz-Vorsitzende Viktor Orban am Mittwoch in einem Schreiben an EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) mit. Orban kommt damit einem möglichen Ausschluss zuvor, für den die Fraktion am Vormittag den Weg geebnet hatte.

„Ich informiere Sie hiermit, dass die Fidesz-Europaabgeordneten ihre Mitgliedschaft in der EVP-Fraktion beenden“, teilte der ungarische Ministerpräsident und Fidesz-Vorsitzende Viktor Orban am Mittwoch in einem Schreiben an EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) mit. Den Brief veröffentlichte die Fidesz-Vizevorsitzende Katalin Novak auf ihrem Twitter-Account.

Diese Regeländerungen seien ein „feindlicher Akt gegen Fidesz und unsere Wähler“, erklärte Orban. Die EVP-Fraktion versuche „unsere demokratisch gewählten Abgeordneten zum Schweigen zu bringen und zu behindern“. Dies sei „undemokratisch, ungerecht und inakzeptabel“.

Unmittelbar davor hatte die EVP-Fraktion in einer Online-Sitzung mit der nötigen Mehrheit für eine Änderung der Geschäftsordnung gestimmt, die eine generelle Suspendierung der Mitgliedschaft der Fidesz-Gruppe in der Fraktion oder sogar einen Ausschluss ermöglicht.

Der Vizepräsident des EU-Parlaments und ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas betonte am Mittwoch, dass die Abstimmung auch „eine Absage an den Erpressungsversuch von Viktor Orban“ sei. „Wir in der @EPPGroup lassen uns nicht vorschreiben, worüber wir abstimmen. Dieses Vorgehen Orbans reiht sich in eine Reihe verstörender Aussagen von FIDESZ-Politikern ein“, betonte Karas auf Twitter. Karas wollte umgehend einen Antrag auf Suspendierung von Fidesz einbringen.

Die Reform sei mit 148 Stimmen zu 28 Gegenstimmen und beschlossen worden, hieß es. Für die EVP-Reform sprachen sich in der Sitzung am Mittwoch in Brüssel nach Angaben aus Teilnehmerkreisen alle Delegationen bis auf jene von Ungarn, Rumänien, Slowenien und Bulgarien aus.

Der SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder kommentiere den Bruch mit den Worten: „Besser spät als nie, Orban und seine Fidesz-Partei haben eigentlich schon lange nichts mehr in einer proeuropäischen Fraktion zu suchen - denken wir nur an die ständige Hetze gegen Geflüchtete und Attacken gegen den liberalen Rechtsstaat.“ All dem habe die EVP jahrelang zugesehen und es „bis zuletzt nicht geschafft, Fidesz den Ausgang zu zeigen. Es ist Orbán selbst, der den Austritt seiner Fidesz-Abgeordneten aus der christdemokratischen Fraktion veranlasst. Er ist ein Gegner einer modernen und pluralistischen Gesellschaft und eines vereinten Europa, das muss jetzt endlich der gesamten EVP - und damit auch der österreichischen Volkspartei klar werden.“

Der grüne Europasprecher Michel Reimon gratulierte Karas, der sich innerhalb der EVP durchgesetzt habe. Es sei gut, dass Orban das EVP-Netzwerk künftig nicht mehr nutzen könne.

Die Europäischen Volkspartei, der auch die ÖVP angehört, bildet mit 187 Abgeordneten die größte Fraktion im Europaparlament. Dies würde sich auch ohne die zwölf Fidesz-Abgeordneten nicht ändern. Schon seit Jahren ringt die EVP um ihren Umgang mit der Fidesz. In der EVP-Parteienfamilie ist die Mitgliedschaft von Fidesz bereits seit 2019 auf Eis gelegt. Hintergrund sind Attacken gegen EU-Spitzenpolitiker und mutmaßliche Verstöße gegen EU-Grundwerte.

Verwandte Themen