Cellist Philipp Comploi leitet künftig die Jeunesse
Die Jeunesse, der größte Musikveranstalter des Landes, hat eine neue Leitung. Der junge Cellist Philipp Comploi wurde in der gestrigen Generalversammlung zum Obmann und Generalsekretär gewählt und ist ab sofort für die künstlerische Planung verantwortlich. Mit der Installierung eines Generalsekretärs sei man „back to the roots“ gegangen, andererseits stehe erstmals in der Geschichte des Vereins ein Künstler an seiner Spitze, so die bisherige Obfrau Katharina Regner zur APA.
„Ja, wir hatten‘s schwierig. Aber die Jeunesse ist, salopp gesagt, ned zum Derschlagn“, kommentierte Regner die durch die Coronakrise ausgelösten finanziellen Probleme der Jeunesse, die sich auch personell niedergeschlagen hatten. Im Juli hatte man die künstlerische Leiterin Madeleine Landlinger, die erst im März als Karenzvertretung von Antonia Grüner angetreten war, und die kaufmännische Geschäftsführerin Alexandra Jachim von ihren Aufgaben entbunden, nachdem diese einen Monat zuvor eine finanziell begründete Einschränkung der Aktivitäten auf Wien bekanntgegeben hatten. Die Doppelspitze habe man sich in der neuen Situation nicht mehr leisten können - „und so bewährt hat sie sich auch wieder nicht. De facto hat danach der Vorstand ehrenamtlich angepackt.“
Die finanzielle Situation des sich zu 80 Prozent aus Kartenverkäufen finanzierenden Veranstalters habe stabilisiert werden können, sodass man die österreichweiten Aktivitäten auch für die kommende 72. Saison der „Jeunesse - Musikalische Jugend Österreichs“ sicherstellen konnte. „Gäbe es den NPO-Fonds und unser Publikum nicht, das in hohem Ausmaß bereits gekaufte Tickets gespendet hat, wüsste ich nicht, wo die Jeunesse heute wäre“, so Regner, die in das Kuratorium wechselt.
Comploi wurde 1986 in Salzburg geboren und studierte Konzertfach Violoncello an der Universität Mozarteum Salzburg sowie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz. Seit 2011 war der Musiker, der als Spezialist für Aufführungen mit Originalklanginstrumenten u.a. mit dem La Folia Barockorchester, dem Orchester Wiener Akademie oder dem Bach Consort Wien auftritt, im Jeunesse-Vorstand. Nun wird er Obmann und interimistischer Generalsekretär, interimistisch deshalb, weil man derzeit noch nicht weiß, wie die künftige Lösung mit der derzeit in Karenz befindlichen früheren Leiterin Antonia Grüner aussehen wird.
Die APA erreichte Comploi am Flughafen München, wo er als Musiker gerade mit der Camerata Salzburg für ein Gastspiel in Bilbao eincheckte. Er freue sich auf die „spannende Herausforderung“, möchte künftig noch mehr als bisher junge Musiker und junges Publikum ansprechen und das Angebot auch um neue Genres erweitern, sagte er. Schwerpunkte wird es etwa im Bereich Singer/Songwriter, Urban Jazz und Fusion geben. Auf eines möchte er trotz Corona-Einschränkungen nur sehr bedingt setzen: auf Streaming. „Das ist wie eine halbwarme Leberkässemmel. Online zu spielen macht keinen Spaß. Nicht umsonst steht bei uns groß ‚Musik erleben‘ auf dem Label.“
Daher hat die Jeunesse auch für die kommenden Monate nur wenig Streaming-Angebote in Planung. Vor allem bei Kinderkonzerten sei dies extrem schwierig, so Regners Begründung. Man hoffe stark, dass in den nächsten Wochen auch indoor wieder einiges möglich sei. „Wir halten unsere Frühjahrsplanung aufrecht. Vor allem aber setzen wir ganz massiv auf Freiluft-Konzerte. Unsere Devise ist: Lieber outdoor als Streaming!“ Auch die Jeunesse Musikcamps im Juli und August seien bereits durchgeplant. Und für Herbst hofft man auf allmähliche Normalisierung des Konzertbetriebs - unter welchen Bedingungen auch immer. „Wir sind sicher, Corona wird uns in der einen oder anderen Weise wohl noch länger begleiten. Und wir sind sicher, dass wir die Zeit gut genützt haben, uns neu aufzustellen und uns neu zu denken.“
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