Virtueller Frauentag in der Hofburg
Bundespräsident Alexander Van der Bellen und First Lady Doris Schmidauer haben anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März wegen der Coronapandemie diesmal virtuell in die Hofburg geladen. Die Gastgeber freuten sich Freitagvormittag über rund 600 Teilnehmer an ihrer Onlineveranstaltung unter dem Titel „On stage. On track. Zur Lage der Frauen“. Dabei erinnerte Van der Bellen daran, dass der Frauentag „keine reine Frauensache“ sei, sondern beide Geschlechter angehe.
Die Gleichberechtigung der beiden Geschlechter sei eine „Angelegenheit von Frauen und Männern“, so der Bundespräsident: „Wir alle müssen genauer hinschauen“. Diskriminierung schade nämlich nicht nur den Diskriminierten sondern auch den Diskriminierenden, verwies er etwa auf empirische Daten, die zeigten, dass Unternehmen die Gleichberechtigung hoch schreiben auch wirtschaftlich besser reüssierten. „Wir brauchen Kooperation auf Augenhöhe“, mahnte das Staatsoberhaupt.
Wehmütig erinnerte der Bundespräsident an den Frauentag im Vorjahr, der noch physisch mit zahlreichen Teilnehmerinnen in der Präsidentschaftskanzlei begangen wurde. Man habe Bekannte begrüßt und Kontakte knüpfen können. Dennoch freue er sich über die zahlreichen Zuseherinnen und Zuseher, „ja es sind auch Männer dabei“. Unter anderem begrüßte Van der Bellen Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), Ex-Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sowie die Frauensprecherinnen der Parlamentsparteien, zahlreiche Landesrätinnen und Bürgermeisterinnen.
Doris Schmidauer erinnerte ebenfalls an die „stimmungsvollen Bilder aus dem vergangenen Jahr“ und daran dass „besonders Frauen“ die Auswirkungen der Coronakrise am eigenen Leib verspürt hätten. Oftmals seien Frauen von den Mehrfachbelastungen durch Beruf, Home Office, Distance Learning und der Pflege von Angehörigen betroffen gewesen. Nach wie vor sei die „Kluft zwischen Frauen und Männern“ in Wirtschaft und Bildung groß. Und auch während der Krise seien die zu Wort gekommenen Experten großteils Männer gewesen, so Schmidauer. Frauen hielten das Land am Laufen, erklärt werde es aber nach wie vor überwiegend von Männern. Daher brauche es Zusammenhalt: „Gemeinsam sind wir stark.“
Impulse lieferten drei Expertinnen. Eine davon Yvonne Magwas, Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die aus Berlin per Video zugeschaltet wurde und über die Bestrebungen in Deutschland, mehr Frauen in Aufsichtsräte und Vorstände zu bekommen, berichtete. Erfreulich sei, dass allein die Diskussion dazu geführt habe, dass Unternehmen vermehrt Frauen für Führungspositionen suchten. Freilich sei die Quote „nur ein Instrument“, ebenso wichtig sei etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder „der Anspruch auf Mutterschutz auch für Vorstandsfrauen“. Überhaupt müsse Familienverantwortung trotz oder mit Führungsposition möglich sein.
Autorin und Journalistin Ingrid Brodnig wies auf den Umstand hin, dass auch in digitalen Zeiten, „tradierte Geschlechterrollen eine Rolle“ spielten. Als Beispiel führte sie Sprachassistenzsysteme an, von denen nicht nur viele einen weiblichen Namen tragen und eine weibliche Stimme haben, sondern auch klassische Geschlechterstereotypen erfüllten. Auch gebe es Untersuchungen, wonach Spracherkennungssoftware Frauenstimmen schlechter verstehen. Das liege unter anderem daran, dass diese mit Audioaufnahmen von Männerstimmen trainiert wurden. „Häufig werden Produkte für Männer als Normalfall ausgerichtet“, so Brodnig. Technik müsse aber stärker auf feministische Aspekte ausgerichtet werden. Daher stelle sich die Frage, „was kann man tun, das Netz feministischer zu gestalten?“, fragte Brodnig.
Dass psychische Gesundheit auch ein feministisches Thema sei, postulierte Kultur- und Geschlechterforscherin Beatrice Frasl. Denn kassenfinanzierte Psychotherapie sei kontingentiert, gleichzeitig litten Frauen „doppelt so häufig an Depressionen wie Männer“, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen sei, dass sozioökonomische Umstände wie Armutsbetroffenheit und -gefährdung, soziale Ausgrenzung, atypische Beschäftigungsverhältnisse, von denen Frauen häufiger betroffen seien, Risikofaktoren für derartige Erkrankungen sind. Die Coronakrise habe das noch einmal verstärkt. Daher forderte Frasl die Politik auf, den „Zugang zu Psychotherapie signifikant“ zu verbessern.