Neue Runde im Patentstreit bei Corona-Impfstoffen in der WTO
Im Streit um Patente auf Corona-Impfstoffe verhandeln Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation (WTO) am Mittwoch wieder in Genf. Mehr als 100 Länder wollen die Patente aussetzen, damit mehr Firmen in mehr Ländern Impfstoffe herstellen können. Länder mit Pharmaindustrie sowie die Industrie blockieren das bisher.
Es geht um das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Abkommen). Mit diesen und anderen Vereinbarungen will die WTO den freien Handel in geordneten Bahnen regeln. Der TRIPS-Rat wollte am Mittwoch und Donnerstag beraten.
WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala kritisierte Exportkontrollen und Regierungen, die im Gerangel um noch mehr Impfdosen die Preise in die Höhe trieben. Vor der Sitzung des TRIPS-Rats forderte sie Hersteller auf, die Fabrikation in Entwicklungsländern anzukurbeln. Sie sprach am Dienstag bei einem virtuellen Treffen von Pharmavertretern und UN-Organisationen zur Lösung der Impfstoffengpässe. Dort hieß es, es fehle an vielem, etwa Bioreaktorbeuteln für Zellkulturen, fötalem Kälberserum als Medium für Zellkulturen, Glasfläschchen und Nanopartikeln, in die manche Impfstoffe eingelagert werden müssen.
„Wir müssen sicherstellen, dass wir erfolgreich sind, so dass Millionen Menschen die mit angehaltenem Atem warten wissen, dass wir an konkreten Lösungen arbeiten.“ Auch, wenn die TRIPS-Diskussionen andauerten, müsse gehandelt werden. „Tatsache ist, dass jeder weitere Tag mit Impfstoffengpässen bedeutet: Menschen sterben“, so die WTO-Chefin.
Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen machte Druck: „Die Aufhebung der Monopole einiger Unternehmen würde Impfstoffe, Tests und Behandlungen für mehr Menschen zugänglich machen“, sagte der Präsident der Organisation, Christos Christou.
In Wien protestierte die globalisierungskritische Organisation Attac bereits am Dienstag vor dem Bundeskanzleramt. Die Bundesregierung wurde dabei aufgefordert, dem Aussetzen der Patentrechte in der WTO endlich zuzustimmen. „Patentrechte verhindern, dass Menschen auf der ganzen Welt rasch mit notwendigen und leistbaren Medikamenten, Impfstoffen und medizinischen Produkten versorgt werden können“, kritisiert Attac.
Die Regierungen mit Pharmaindustrie und Unternehmen argumentieren, die Aufhebung der Patente bringe nicht mehr Impfstoff. Sämtliche qualifizierten Hersteller seien bereits mit Lizenzen in die Fabrikation eingebunden. Der Bau neuer Fabriken brauche Jahre. Laut Okonjo-Iweala dauert es aber nur sechs bis sieben Monate, ältere Fabriken so umzubauen und Qualität und Sicherheit zu garantieren, dass die Produktion der neuen Impfstoffe möglich wäre.