EU-Sanktionen gegen China wegen Menschenrechtsverletzungen
Die EU hat erstmals seit mehr als 30 Jahren wieder Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen in China verhängt. Die Außenminister der 27 Mitgliedstaaten beschlossen am Montag in Brüssel Strafmaßnahmen gegen Verantwortliche für die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang. „Der Einsatz für Menschenrechte kann keinen Lockdown kennen“, betonte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) vor dem Treffen.
„Mit diesem Menschenrechtssanktionsregime haben wir endlich ein wertegerechtes Werkzeug zur Hand, mit dem wir schneller und flexibler agieren können“, erklärte er weiter. Die Strafmaßnahmen im Zusammenanhang mit den Uiguren bezeichnete Schallenberg als ein „wichtiges Signal“.
Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind in Xinjiang mindestens eine Million Uiguren und andere Muslime in hunderten Haftlagern eingesperrt. Dort werden sie den Angaben zufolge zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache gezwungen und teilweise auch misshandelt. Peking weist die Vorwürfe zurück und spricht von Ausbildungs- und Arbeitsprogrammen, die Extremismus in der Regionen bekämpfen sollen.
Mit Spannung wird erwartet, wie Peking auf die Entscheidung der EU reagieren wird. Der chinesische EU-Botschafter Zhang Ming hatte die EU-Pläne zuletzt scharf kritisiert. „Sanktionen sind konfrontativ“, ließ er mitteilen. Sein Land wolle Dialog, werde aber nicht klein beigeben, wenn andere auf Konfrontation bestehen sollten.
Beobachter sehen im EU-Beschluss auch ein Signal an die USA, das unter dem neuen Präsidenten Joe Biden eine internationale Allianz gegen China schmiedet. US-Außenminister Antony Blinken wird am Montag zu einem Besuch in Brüssel erwartet, wo er auch die EU-Spitzen treffen will.
Wegen Menschenrechtsverletzungen hatte die EU zuletzt nach dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens 1989 Strafmaßnahmen gegen das Land verhängt. Damals waren bei dem Einsatz der Volksbefreiungsarmee gegen friedliche Demonstranten einige hundert Menschen ums Leben gekommen. Neben China sind Eritrea, Libyen, Nordkorea, Russland und der Südsudan von dem Sanktionspaket betroffen.
Zudem beschlossen die EU-Außenminister nach Angaben aus Diplomatenkreisen auch Strafmaßnahmen gegenüber jenen Personen, die für den Militärputsch in Myanmar verantwortlich sind. Seit dem Militärputsch am 1. Februar befindet sich das asiatische Land in Aufruhr. Gegen die Proteste Zehntausender Menschen geht die Junta brutal vor - bei Protesten kamen mehrere Menschen ums Leben.
Die Sanktionsregelungen der EU sehen vor, dass sämtliche Vermögenswerte der betroffenen natürlichen oder juristischen Personen eingefroren werden und dass ihnen keine Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen mehr zur Verfügung gestellt werden dürfen. Zudem gelten für die Betroffenen EU-Einreiseverbote. Die Namen der Betroffenen sollen in Kürze im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden.
Ein weiteres Thema des EU-Treffens ist die Frage des richtigen Umgang mit der Türkei. Diese hat die Europäische Union zuletzt unter anderem mit umstrittenen Erdgaserkundungen im östlichen Mittelmeer provoziert. Es wird erwartet, dass der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell den Außenministern ein Optionspapier präsentiert, das dann Ende der Woche auch eine Grundlage für Gespräche beim Gipfeltreffen Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten wird.
„Es ist jedes Mal so, dass wenn wir versuchen, auf europäischer Ebene eine positive Agenda zu bauen, erleidet dies Schiffbruch,“ weil Ankara, wieder ein Schritt setze, der ein Schlag ins Gesicht sei, gab sich Schallenberg im Vorfeld des Treffens zurückhaltend. Er kritisierte dabei den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention scharf. Dieser Schritt sei „beschämend, das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen, die sich für Frauenrechte einsetzen, das ist der Versuch, die Uhren zurückzudrehen“, sagte der Außenminister vor dem Treffen in Brüssel. „Das geht sich nicht aus.“ Schallenberg erwartet sich am Montag mit seinen Kollegen eine „intensive“ Debatte.
Ähnlich äußerte sich sein deutscher Amtskollege Heiko Maas. Es gebe „Licht und Schatten“, sagte Maas bei vor dem Zusammentreffen. Positiv bewertete er die Gesprächsbereitschaft im Streit um Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer. Mit dem Verbotsverfahren gegen die pro-kurdische Partei HDP und dem Austritt aus der Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen setze die Türkei aber „absolut die falschen Zeichen“.
Unerwähnt ließen EU-Politiker in ihren Reaktionen, dass auch mehrere osteuropäische Mitgliedsstaaten gegen die Frauenschutz-Konvention mobil machen. In Ungarn und der Slowakei schoben die Parlamente einer Ratifizierung des Abkommens einen Riegel vor, während Polen aus diesem wieder austreten will.