Auf Pilnacek-Handy Info über Blümel-Hausdurchsuchung
Auf dem sichergestellten Handy des mittlerweile suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek sind offenbar Fotos eines Informationsberichts der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an die Oberstaatsanwaltschaft Wien über die bevorstehende Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) gefunden worden. Das geht aus einem dem Ö1-“Mittagsjournal“ vorliegenden E-Mailverkehr zwischen der WKStA und der Staatsanwaltschaft Innsbruck hervor.
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt wegen des Verdachts des Amtsgeheimnisverrats. In der Korrespondenz mit der WKStA fragt sie wegen Fotos von Dokumenten auf Pilnaceks Handy an, ob diese Verschlusssache seien. Eines davon soll der Informationsbericht der WKStA über die Hausdurchsuchung bei Blümel sein. Diese Information unterliege der WKStA zufolge der Verschlusssachenverordnung und hätte nicht an Pilnacek weiter gegeben werden dürfen, weil der seit Monaten nicht mehr für die Fachaufsicht der Staatsanwaltschaften zuständig sei, hieß es.
Wie und wann das Dokument bei Pilnacek gelandet sei, geht laut Ö1 nicht aus dem E-Mailverkehr hervor. Auch nicht, was Pilnacek damit gemacht habe. Pilnackes Anwälte haben zuletzt jeden Vorwurf eines pflichtwidrigen Verhaltens zurückgewiesen.
Ursprünglich ging es bei den Ermittlungen der StA Innsbruck um den Verdacht, im Juni 2019 könnte über Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter - der diesen Vorwurf zurückwies - eine Hausdurchsuchung beim Investor Michael Tojner verraten worden sein. Dabei wurde das Handy von Pilnacek sichergestellt.
Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, gegen den die Staatsanwaltschaft Innsbruck ebenfalls wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt, hatte bei seiner Befragung im Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht ausschließen können, Aktenteile an Pilnacek übermittelt zu haben. Auch gegen Fuchs, für den ebenfalls die Unschuldsvermutung gilt, hat das Justizministerium disziplinarrechtliche Schritte gesetzt.
Gestern war bereits ein Chat zwischen Pilnacek und Blümels Kabinettschef Clemens-Wolfgang Niedrist im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Finanzminister bekannt geworden. Dabei schrieb Pilnacek als Reaktion auf die Sicherstellungsanordnung, mit der die Ermittler Ende Februar das Finanzministerium besucht hatten: „Das ist ein Putsch!!“. Zudem regte der Spitzenjurist eine Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung an und fragte, wer Blümel denn auf die Einvernahme vorbereite.
Wie der „Kurier“ am Freitag online berichtete, soll Niedrist mittlerweile als Beschuldigter geführt werden. Es stehe ebenfalls der Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses im Raum. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck, bei der die Ermittlungen gegen Pilnacek und Fuchs in dieser Causa angesiedelt sind, gab dazu am Freitag auf APA-Anfrage keine Auskunft. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Für die NEOS ist „Feuer am Dach“, wenn sowohl der Finanzminister als auch dessen Kabinettschef als Beschuldigte geführt werden. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) müsse Blümel aus der Regierung entlassen, so Stephanie Krisper, pinke Fraktionsführerin im Ibiza-U-Ausschuss: „Was muss denn noch passieren, damit der Kanzler Leadership zeigt und klare Worte findet?“
SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim hält die Aufrechterhaltung der Suspendierung Pilnaceks für „unumgänglich“. Zudem müsse jede Verbindung zwischen den Ermittlungsbehörden und Pilnacek gekappt werden, „zum Schutz einer unabhängigen Justiz“, so Yildirim. Die Chats mit Niedrist seien nicht das erste Mal, „dass Pilnacek mit einem Spezialservice für ÖVP-Größen in Erscheinung tritt“, so Yildirim, die auf Treffen mit Josef Pröll und Walter Rothensteiner als prominente Beschuldigte des CASAG-Verfahrens verwies, als Pilnacek noch Fachaufsicht für die Staatsanwaltschaften war.
Aus dem Justizministerium hieß es am Freitag, dass die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde, der die Suspendierung Pilnaceks aufhob, noch laufe. Das weitere Vorgehen wird bis nächste Woche vom Justizministerium geprüft.