Kletterer gehen mit viel Speed in den Olympia-Countdown
Mit dem Boulder-Europacup in Klagenfurt und dem nächstwöchigen Weltcupauftakt in Meiringen startet ein besonderes Kletterjahr.
Von Max Ischia
Innsbruck – Stillstand. Nichts tut sich am Areal des Kletterzentrums Innsbruck (KI). Wo gewöhnlich ein ganz spezieller Spirit über den mächtigen Kunstwänden liegt, wo Hunderte Hobbykraxler innen wie außen der Schwerkraft trotzen und dem Alltag ein Stück Höhenluft abringen, herrscht zur gestrigen Mittagsstunde Leere. Gähnende Leere. „Schon ein Wahnsinn“, nickt Reinhold Scherer, also jener Mann, der als KI-Geschäftsführer und Nationaltrainer seit nunmehr über einem Jahr Tag für Tag einen emotionalen Spagat vollbringen muss.
So sehr sich das Innsbrucker Kletterzentrum für die Nationalteam-Athleten als Trainingsparadies bewährt, so verschlossen sind seit Herbst die Pforten für den auch wirtschaftlich (überlebens-)notwendigen Publikumsbetrieb. Wie lange noch, das weiß auch Scherer nicht. „Ich hoffe, es tut sich wie vergangenes Jahr im Mai wieder was. Die Frage ist, unter welchen Rahmenbedingungen.“
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Was Scherer weiß, ist, dass es zumindest für seine Athleten nach einem weltcuplosen Jahr 2020 „endlich“ losgeht. Heute geht’s zum Europacup nach Klagenfurt, eine Woche darauf startet der Boulder-Weltcup in Meiringen (SUI) in eine Saison, die, zumindest für je 20 Damen und Herren, historische Ausmaße annimmt. Dann, wenn auch die beiden österreichischen Fixstarter Jakob Schubert und Jessica Pilz bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio (23. Juli bis 8. August) erstmals um Edelmetall rittern.
Ultimativer Olympia-Test Ende Juni in Innsbruck
Dass Schubert alles unternimmt, um allerspätestens im Hochsommer in der Form seines Lebens zu sein, hat er bereits im großen Interview in der Sonntags-TT erklärt. Gestern bekräftigte der amtierende Boulder-Vizeweltmeister noch einmal seine Vorbereitungsstrategie: „Für uns ist es wichtig, dass wir wieder in einen Wettkampf-Rhythmus kommen, von daher warten nun einige richtungsweisende Standortbestimmungen.“ Und weil nach dem Weltcup- auftakt in Meiringen die beiden Asien-Weltcups bereits in den Herbst verschoben wurden, wird Schubert – so wie auch Pilz – einen der beiden Boulder-Weltcups in Salt Lake City (USA/21. und 22. Mai) bestreiten, um sich dann wieder verstärkt dem Vorstiegs- und Speedtraining zu widmen.
Auch für Pilz läuft der Olympia-Countdown zufriedenstellend. Es sei zwar nicht einfach, alle drei Disziplinen unter einen Hut zu bekommen, aber irgendwie gehe es immer. „Es ist in allen Bereichen etwas weitergegangen, vor allem im Speed. Da konnte ich mich um über eine halbe Sekunde verbessern.“ Derzeit steht ihre Trainingsbestmarke bei 8,78 Sekunden. Zum ultimativen Olympia-Test kommt es vom 23. bis 26. Juni bei den IFSC Austria Climbing Open in Innsbruck. Dann, wenn erstmals in der 32-jährigen Geschichte des Weltverbandes der Weltcupauftakt im Vorstieg und ein Boulder-Weltcup zur selben Zeit ausgerichtet werden. Dann, wenn zusätzlich auch noch ein Paraclimbing-Weltcup und ein Europacup im Speed steigt. Dann, wenn auf der KI-Außenanlage jede Menge Szenestars zu bestaunen sein werden – sofern bis dahin auch wieder Zuschauer erlaubt sind.