Literatur

Historische Romane: Räuberische Nazis, alternde Ost-Spione

In 13 auf Deutsch erschienenen Fällen lässt der 2018 verstorbene Brite Philip Kerr die Romanfigur Bernie Gunther ermitteln.
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Kriminalromane im historischen Kontext vermitteln einen Hintergrund über Zeitgeschichte.

Von Christian J. Winder

Innsbruck – Der Zweite Weltkrieg ist längst vorbei, und Bernie Gunther sitzt dank helfender Freunde im Büro einer Münchner Versicherungsgesellschaft. Auffällige Schadensfälle hat er nun zu bearbeiten, der frühere Berliner „Bulle“, der auch schon Spezialaufträge für Heydrich zu erledigen hatte und doch immer irgendwie seiner anständigen Gesinnung treu bleiben konnte. Ein aktueller Versicherungsfall führt Gunther in „Trojanische Pferde“, Philip Kerrs 13. Band dieser erfolgreichen Reihe, auf eine Mission nach Griechenland.

An sich scheint es eine Kleinigkeit zu sein, ein versunkenes Schiff eines Archäologen, aber irgendetwas stinkt, und Bernie Gunther hat dafür eine ganz feine Nase.

Vor Ort kommt er bald dahinter, dass es nicht bloß um einen Professor geht, der nach untergegangenen Olivenöl-Amphoren der alten Griechen tauchte, das viel lohnendere Ziel seiner Unterwasserforschung war wohl Gold. Reichtümer, die von den Nazis in Thessaloniki der jüdischen Bevölkerung abgepresst wurden und von einigen Offizieren anstatt nach Berlin in die eigene Tasche verlegt wurden. Die Schiffsladung ist versunken und Gunthers Aktivitäten kommen einigen in die Quere.

Agneta hebt den Telefonhörer ab, „Geiger“ sagt jemand am anderen Ende. Die Frau holt aus dem Nachtkästchen eine Pistole, schraubt den Schalldämpfer auf und erschießt ihren Ehemann nach mehr als 30 Ehejahren. Mit diesem heftigen Auftakt startet Gustaf Skördeman seine „Geiger“-Reihe. Langsam kommt heraus, dass der Ursprung für die Ereignisse im Stockholm der Gegenwart in der Vergangenheit zu suchen ist, als die DDR um Anerkennung buhlte, der Stasi Agenten anheuerte, der KGB aktiv war und das neutrale Schweden unter der Hand eine andere Politik machte. Einmal mehr zeigt sich, dass die Geschichte die Gegenwart prägt – und alles irgendwann seinen Preis kostet. Ein exzellenter Page-Turner mit historischem Tiefgang.

In Los Angeles soll Hard­y Engel 1923 einen Auftrag übernehmen, dem Filmmogul Will Hays schmutzig­e Geschäfte nachzuweisen. Hardy hat auf der deutschen Seite im Ersten Weltkrieg gekämpft und sucht nun sein Glück in der Neuen Welt, die sich nicht viel besser als die Alte zeigt: Der Ku-Klux-Klan beginnt auch im Westen rassistische Wurzeln zu schlagen, eine junge Schauspielerin verschwindet spurlos. Hardy will man weismachen, dass sie auf Urlaub in Hawaii weile, und derweilen tourt Präsident Warren G. Harding seiner Wiederwahl wegen durchs Land. Ein gemeinsamer Nenner für diese Aktivitäten ist ein Bankkonto, auf das die Filmstudios hohe Summen einbezahlen – und von dem aus Problemlösungen finanziert werden. Der dritte Fall von Christof Weigolds Hardy-Engel-Reihe.

📚 Historische Romane:

  • Philip Kerr: Trojanische Pferde. Wunderlich, 381 Seiten, 24 Euro.
  • Gustaf Skördeman: Geiger. Lübbe, 495 Seiten, 16,50 Euro.
  • Christof Weigold: Die letzte Geliebte. KiWi, 634 Seiten, 16,50 Euro.

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