Iran sieht Israel hinter Angriff auf Atomanlage

Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif hat den Cyberangriff auf die Atomanlage Natanz als Terrorakt bezeichnet und Israel dafür verantwortlich gemacht. Hardliner forderten Präsident Hassan Rouhani auf, die für diese Woche geplanten diplomatischen Verhandlungen zur Rettung des Wiener Atomabkommens von 2015 abzubrechen. Der Angriff auf die Atomanlage wird das iranische Atomprogramm nach Informationen der „New York Times“ um mindestens neun Monate zurückwerfen.

„Die Zionisten (Israelis) wollen mit diesen Terroroperationen die nuklearen Errungenschaften des Irans und die Atomverhandlungen (in Wien) sabotieren“, sagte Zarif am Montag im Parlament. Beides werde aber nicht passieren. „Unsere Rache ist, dass wir in beiden Bereichen erfolgreich weitermachen werden“, so der iranische Chefdiplomat laut staatlicher Nachrichtenagentur IRNA. In der Anlage im Zentraliran werden unter anderem neue Zentrifugen für die Urananreicherung hergestellt.

Israel hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. Der israelische Generalstabschef Aviv Kochavi sagte am Sonntag nach Medienberichten bei einer Gedenkzeremonie für gefallene Soldaten auf dem Herzlberg in Jerusalem: „Die Aktivitäten der israelischen Armee im Nahen Osten bleiben den Feinden nicht verborgen. Sie beobachten uns, sehen unsere Fähigkeiten, und erwägen ihre Schritte vorsichtig.“

Laut einem Bericht „New York Times“ sprechen auch zwei höhere US-Geheimdienstmitarbeiter von einer israelischen Geheimdienstoperation. Der Angriff auf die Atomanlage Natanz werde die Urananreicherung dort um mindestens neun Monate zurückwerfen, hieß es. Demnach soll der Angriff eine heftige Explosion ausgelöst haben, als deren Folge das gesamte Stromnetz einer Untergrundanlage, wo die Zentrifugen für die Urananreicherung hergestellt werden, zerstört worden sei. Es werde mindestens neun Monate dauern, die Schäden zu beheben.

Der Angriff hat nach Einschätzung des Blattes, die Verhandlungsposition des Irans bei den Atomgesprächen in Wien erheblich geschwächt. Der Grund: Der Iran soll neue Zentrifugen zur Urananreicherung als Druckmittel eingesetzt haben.

Iranische Hardliner forderten am Montag Präsident Rouhani auf, die Atomverhandlungen abzubrechen. „Herr Rouhani, Terror und Verhandlungen passen nicht zusammen“, hieß es in ein Leitartikel der Nachrichtenagentur Tasnim (Montag). In diesem Zusammenhang sollte am Montag auch Außenminister Mohammad Jawad Zarif in seiner Funktion als Atomchefunterhändler in dem von Hardlinern dominierten Parlament Rede und Antwort stehen.

Gegen Rouhani haben 190 Abgeordnete Anzeige erstattet, weil der Präsident angeblich die parlamentarischen Gesetze missachtet habe. Auch dies soll im Zusammenhang mit den Atomverhandlungen stehen. Die Hardliner waren von Anfang an gegen die prowestliche Linie von Rouhani und gegen das Wiener Atomabkommen. Gespräche mit dem Erzfeind USA betrachten sie als Landesverrat.

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Israel betrachtet das iranische Atomprogramm als eine ernsthafte Gefahr, denn der Iran verfügt über Raketen mit einer Reichweite bis zu 2.000 Kilometern, die jeden Ort Israels treffen könnten. Würden die Raketen mit Atomsprengköpfen ausgerüstet, wäre Israels Existenz ernsthaft bedroht. Teheran betont, keine Atomsprengköpfe zu besitzen und die Raketen nur im Falle eines Vergeltungsschlags einzusetzen.

Nach dem Cyberangriff auf die Atomanlage Natanz am Sonntag gab es, wie schon bei einem ähnlichen Angriff am gleichen Ort im letzten Sommer, zunächst unterschiedliche Angaben. Die iranische Atomorganisation AEOI sprach zunächst von einem harmlosen Stromausfall in einer der Werkstätten außerhalb der Anlage. Dann aber bezeichnete AEOI-Chef Ali Akbar Salehi den Vorfall als einen „nuklearen Terrorakt“, gab aber keine Details an.

Die genaue Ursache des Angriffs sowie Ausmaß der Schäden werden noch untersucht. Aber laut Außenminister Zarif wurden bei dem Sabotageakt nur die Produktionslinie der älteren Zentrifugen beschädigt. „Dafür sind unsere Anlagen voll mit neueren Zentrifugen“, so der Minister. In der Natanz-Anlage wird unter anderem eine neue Generation von Zentrifugen hergestellt, mit denen der Iran den Urananreicherungsprozess - derzeit bei 20 Prozent - beschleunigen und erhöhen kann.

Laut AEOI Sprecher Behrouz Kamalvandi wurde bei dem Vorfall in Natanz niemand verletzt. Später wurde aber berichtet, dass der Sprecher bei der Besichtigung der Anlage gestürzt sei und mit Verletzungen am Bein und Kopf ins Krankenhaus musste.

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