Laschet und Söder werben um Unions-Abgeordnete

In ihrem Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der deutschen Union haben die beiden Rivalen Armin Laschet und Markus Söder am Dienstagnachmittag um die Gunst der CDU/CSU-Abgeordneten geworben. Söder ging dabei in die Offensive und thematisierte mit Blick auf seinen Kontrahenten die schlechten Umfragewerte der Union. Die einzige Frage sei: „Wollen wir gewinnen?“, sagte Söder nach Angaben von Teilnehmern. Kanzlerin Angela Merkel hatte zuvor ihre Neutralität im Ringen betont.

Der CDU-Chef blieb Söder nichts schuldig und zerpflückte dessen Plan für eine „Klima-Allianz“. Die Union dürfe die Grünen nicht kopieren, sagte Laschet nach Teilnehmerangaben. CDU und CSU dürften nicht ihre Substanz verlieren. CDU-Präsidium und -Bundesvorstand repräsentierten im übrigen die Partei und seien keine „Splittergruppen“, sagte Laschet in Anspielung auf Söders Werben um die Basis.

Dagegen sagte der bayerische Ministerpräsident, dass die Unions-Abgeordneten letztlich die Verantwortung für die Kanzlerkandidatur haben sollten. Ohne Abgeordnete sei kein Wahlkampf zu machen, argumentierte er. CDU und CSU dürften nicht Juniorpartner in einer neuen Regierung werden, warnte Söder vor einem Zurückfallen hinter die Grünen.

Nachdem ihre jeweiligen Parteiführungen sich klar hinter sie gestellt hatten, traten Laschet und Söder am Dienstagnachmittag in der regulären Sitzung der 250 Unions-Abgeordneten auf. CDU und CSU bilden im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft. Fraktionschef Ralph Brinkhaus und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannten den Auftritt der beiden potenziellen Kanzlerkandidaten einen „normalen Vorgang“. Dobrindt sagte, es gehe darum, eine „Teamlösung“ zu finden.

Söder setzt darauf, dass der Rückhalt für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet unter den CDU-Abgeordneten nicht so einhellig ist wie am Montag in den CDU-Parteigremien. Der bayerische Ministerpräsident will so das Meinungsbild noch zu seinen Gunsten drehen.

Söder hatte bei „Bild live“ am Montagabend gesagt, für Abgeordnete gehe es um den „Gewinn oder Verlust des Wahlkreises“. Wenn man auf aktuelle Umfragedaten schaue, sehe man, dass früher sichere schwarze Wahlkreise „jetzt grün im Süden, rot im Westen und blau im Osten“ seien.

Laschet mahnte die CDU/CSU unterdessen, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen. „Ein gutes, faires Miteinander ist gerade jetzt zentral. Ich setzte auf Geschlossenheit“, sagte er nach dpa-Informationen am Montagabend in einer Sitzung der einflussreichen Landesgruppe der CDU-Abgeordneten aus NRW. Teilnehmern zufolge erhielt Laschet dort große Unterstützung für eine Kandidatur. Mehrere Redner hätten ausdrücklich das einhellige Votum der CDU-Spitzengremien für Laschet begrüßt, hieß es.

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Laschet und Söder führen als Ministerpräsidenten die beiden bevölkerungsreichsten deutschen Bundesländer an. Die CSU ist die bayerische Schwesterpartei der CDU. Bei der Bundestagswahl im Herbst wird Kanzlerin Angela Merkel nicht mehr antreten. Sie betonte am Dienstag auf Nachfrage, dass sie sich nicht in die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur einmischen werde. „Ich wollte, will und werde mich da heraushalten“, sagt die CDU-Politikerin.

Bei ihrer ersten Wahl als CDU-Chefin im Jahr 2002 hatte Merkel dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Edmund Stoiber den Vortritt gelassen. Dieser verlor knapp gegen den sozialdemokratischen Amtsinhaber Gerhard Schröder. Drei Jahre später fuhr Merkel dann als Unions-Kanzlerkandidatin den ersten ihrer vier Wahlsiege ein.

Nach Angaben von CSU-Landesgruppenchef Dobrindt war in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion keine Abstimmung über den Unions-Kanzlerkandidaten geplant. Die Entscheidung solle in „wenigen Tagen“ fallen, sagt Dobrindt. Die Vorstellung beider Kandidaten in der Fraktion sei Teil des Prozesses - genauso wie die anschließende Diskussion in einer Gruppe beider Parteien, die CSU-Chef Söder vorgeschlagen habe.

Kritik der SPD an dem Auswahlprozess wies Dobrindt zurück. Die Koalition seit „monatelang“ wegen des Mitgliederentscheids über die SPD-Führung gelähmt gewesen, konterte er. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich legte indes nach und nannte die Union wegen des Ringens um die Kanzlerkandidatur „regierungsuntauglich“. Die Union kümmere sich nämlich mehr um das eigene Wohl als um die Pandemiebekämpfung, kritisierte Mützenich am Dienstag

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