Baubranche

Pilotprojekt soll am Tiroler Bau Digitalisierung anschieben

Tirols Bau rechnet heuer mit Bauaufträgen der öffentlichen Hand von 1,6 Mrd. Euro. Trotz hoher Arbeitslosigkeit fehlen Bauarbeiter.
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Öffentliches Baubudget klettert auf 2,1 Mrd. Euro. Stimmung bei Baufirmen trübt sich ein. Tirol bei Digitalisierung der Bauverwaltung Nachzügler.

Von Max Strozzi

Innsbruck – Wenn bei Bauvorhaben in Tirol nichts weitergeht, kann das derzeit mehrere Gründe haben. Es fehlt an Stahl, PVC-Rohren, Dämmstoffen oder Bauholz, weil diese Materialien weltweit Mangelware sind und die Preise explodieren – die TT berichtete bereits über diese Pro­blematik. Es kann aber auch an der Dauer von Bauverfahren liegen, die der Branche seit vielen Jahren Kopfschmerzen bereiten. Behördenverfahren seien „erstaunlich kompliziert aufgestellt“, räumte gestern Landesbaudirektor Robert Müller ein.

In erster Linie geht es um die Möglichkeit, Bauvorhaben digital einzureichen und dadurch zu vereinfachen und zu beschleunigen. Wien sei diesbezüglich Tirol zwei bis drei Jahre voraus, sagte Müller. In der Bundeshauptstadt laufe diesbezüglich bereits alles digital. „Da können wir uns von Wien etwas abschauen“, meint der Landesbaudirektor. Wien habe aber den Vorteil, dass es als Stadt auch Baubehörde sei. In Tirol dagegen müssten beim Thema Digitalisierung von Bau-Einreichungen 279 Gemeinden koordiniert werden.

Anton Rieder, Robert Müller, Manfred Lechner (v. l.).
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Woran hakt es in Tirol? Laut dem Bauinnungsmeister Anton Rieder müsste man einige Gesetze anpassen („damit etwa Elektronisches gleich viel gilt wie Analoges“), sich auf ein einheitliches System einigen und es brauche den Umsetzungswillen der Gemeinden.

Gesetze ändern kann ­dauern. Rieder will daher vorpreschen und mit drei bis fünf Gemeinden sowie der Einbindung der Universität ein Digitalisierungs-Pilotprojekt starten und das Vorhaben kommende Woche mit dem Land besprechen. Für das Projekt ließe sich ein in den Gemeinden bestehenden System anpassen. Die Uni würde laut Rieder das Vorhaben bis Ende des Jahres evaluieren, darauf aufbauend ließen sich etwa entsprechende Gesetze anpassen und die generelle Digitalisierung von Baueinreichungen in Tirol anschieben. „Wenn alles passt, könne man das bis 2023 umsetzen. Ich bin vorsichtig optimistisch“, sagt Rieder.

Nach dem verhältnismäßig gut überstandenen Jahr 2020 ist Tirols Baubranche aber zwiespältig in das Jahr 2021 gestartet. Das Netto-Bauvolumen seitens der öffentlichen Auftraggeber dürfte laut Bauindustrie-Sprecher Manfred Lechner heuer auf 2,1 Mrd. Euro steigen (+5 % zu 2020), direkt bauwirksam seien davon 1,65 Mrd. Euro (+6,1 %). Im Wohnbau und bei Wohn-Sanierungen erwartet man Zuwächse. Die Stimmung bei den Firmen sei aber getrübt. Nur die Hälfte der Baufirmen (55 %) bewertet ihre Geschäftslage als gut oder sehr gut, weitere 30 % als befriedigend, 13 % als schlecht oder sehr schlecht – negativer Rekordwert. Lechner appelliert, die Gemeinden nach den pandemiebedingten Einnahmenverlusten mit genügend Infastruktur-Budget auszustatten. Auch der Fachkräftemangel lässt die Branche nicht los. „Trotz hoher Arbeitslosenzahlen und Kurzarbeit bekommen wir keine Leute“, sagt Bauinnungsmeister Rieder: „Das ist eigenartig.“

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