Das Abonnementbüro der Josefstadt im Ausnahmezustand

„Wir kommen wieder!“, „Wir vergessen Euch nicht“ oder „Haltet durch!“. Es sind Botschaften wie diese, die im Abonnementbüro des Theaters in der Josefstadt die Arbeitsmoral immer wieder heben. Sie stammen von einigen der 18.000 Abonnenten des Hauses. Für sie ist ebenso wie für die sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit einem Jahr nichts wie zuvor. „Es herrscht Ausnahmezustand bei uns. Das bedeutet immer Hoffen und Bangen gleichzeitig“, sagt Gabriella Haller-Gallée.

Haller-Gallée leitet seit 2018 die Aboabteilung des Theaters. Kundenservice hat sie in der Medienbranche gelernt, aber was echte Kundenbindung ist, das stellt sich erst hier heraus, wo manche Abonnenten stolz darauf sind, regelmäßig denselben Polstersitz einnehmen zu können wie schon einst ihre Großeltern. „Wir wissen, wie wichtig für viele unserer Abonnenten ihr angestammter Sitzplatz ist.“ 14.000 der Abonnenten haben Fixabos und wissen so schon ein Jahr im Voraus, wann sie wo sitzen und welche Vorstellung sie dabei sehen werden. Die Coronapandemie hat dicke Striche durch diese Rechnungen gemacht.

Um das Ausmaß der Verheerungen zu illustrieren, die das Virus in den Ticketingsystemen der Josefstadt anrichtete, hat die Abochefin im Gespräch mit der APA einige Zahlen parat. Rund die Hälfte der im Theater in der Josefstadt angebotenen Karten gehen an Abonnentinnen und Abonnenten. Normalerweise bedient man 73 verschiedene Abogruppen, die jeweils zwischen vier und acht Vorstellungen geboten bekommen. In einer Saison summiere sich das zu 466 Vorstellungen (250 im Haupthaus, 216 in den Kammerspielen) für die Abobesitzer. Nachdem es aus der im März 2020 vorzeitig abgebrochenen Saison 2019/20 zahlreiche Überhänge gegeben habe, seien in der laufenden Saison insgesamt 700 Vorstellungen (darunter zahlreiche Doppel-Vorstellungen an Sonntagen) geplant gewesen. „Letztendes haben davon zwischen 17. September und 2. November nur 113 Vorstellungen wirklich stattgefunden.“

Danach habe es nach der Ankündigung von Lockdown-Lockerungen zwar Planungen für Nachmittagsvorstellungen ab Jänner gegeben, die letztendlich wieder Makulatur wurden. Nachdem noch immer nicht klar ist, ob und wann in dieser Saison überhaupt noch gespielt werden darf, hat man sich im Theater in der Josefstadt zu einem klaren Schnitt entschlossen: Der Kartenwert der noch nicht konsumierten Abovorstellungen wurden den Abonnenten auf das jeweilige Kundenkonto zurückgebucht. Sollte in der Saison also noch gespielt werden, müssen sich die Abonnenten, denen ein Vorkaufsrecht eingeräumt wird, aktiv um ihre Karten kümmern. „So haben wir uns Luft geschaffen“, sagt Gabriella Haller-Gallée.

Die Abonnenten hätten sehr positiv darauf reagiert, meint sie, auch wenn die Ungeduld groß sei: „Gerade jetzt nehmen wir uns viel Zeit für die Telefonate mit unseren Abonnenten. Für die sind die Theaterbesuche bei uns ja Fixpunkte in ihrem Leben. Daher hören wir von ihnen auch immer wieder: ‚Ja wird das heuer überhaupt noch was?‘ Leider können wir sie weiterhin nur vertrösten.“

Dabei hätte die Josefstadt für heuer noch einiges in der Pipeline. Fertig geprobt sind die Produktionen „Der Bockerer“ (Regie: Stephan Müller), Jelineks „Rechnitz (Der Würgeengel)“, inszeniert von Anna Bergmann, und die Uraufführung „Die Stadt der Blinden“ in der Regie von Stephanie Mohr. Auf der Bühne probt Janusz Kica derzeit die Dramatisierung des Schnitzler-Romans „Der Weg ins Freie“. In den Kammerspielen ist die Deutschsprachige Erstaufführung von „The Parisian Woman“ (Regie: Michael Gampe) abrufbereit und finalisiert Torsten Fischer gerade „Die Dreigroschenoper“, die am Sonntag, 25. April, um 21.45 Uhr auf ORF III ihre TV-Premiere feiern wird. Die für Saisonende geplante Thomas-Arzt-Uraufführung „Leben und Sterben in Wien“ muss dagegen verschoben werden.

Das Programm der kommenden Saison wird am 23. Juni vorgestellt. Hat es die Direktion fertig, wird mit dem künstlerischen Betriebsbüro der Spielplan, der alle Abogruppen berücksichtigt, erstellt. Schon unter normalen Bedingungen kein einfaches Unterfangen. Im Vorjahr musste die fertige Abobroschüre gekübelt werden, da die Pandemie alle Daten rasch über den Haufen warf. Diesmal wird die Abovorschau nicht wie sonst üblich Anfang April sondern erst Ende Mai fertiggestellt werden. „Wir versuchen, immer positiv nach vorne zu sehen“, versichert Haller-Gallée, deren Mitarbeiter teilweise noch immer damit beschäftigt sind, die in der Vorsaison nicht bedienten 35.000 Abotickets und 13.000 nicht eingelösten Wahlaboschecks mit einem Computersystem abzuwickeln, das für solche Mengen an Um- und Rückbuchungen nicht geschaffen wurde. „Die Abonnentinnen und Abonnenten sind uns aber so gut wie alle treu geblieben“, zieht sie ein Fazit. „Und bei allen Schwierigkeiten ist eines noch stärker ins Bewusstsein gerückt: Es gibt so etwas wie eine Josefstadt-Familie.“

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

Verwandte Themen