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„Ride or Die" auf Netflix: Auf der Flucht in die Freiheit

Nanae (Honami Sato) und Rei (Kiko Mizuhara) kommen sich näher.
© Netflix

Ryuichi Hiroki erzählt in „Ride or Die“ die Geschichte der Freundschaft von Nanae und Rei, auf ihrer Flucht in die Freiheit.

Innsbruck – Ein Film ist wie eine Skulptur: herausgeschnitten aus vielen Minuten gefilmter Bilder, auf die perfekte Länge zusammengekürzt, im idealen Rhythmus. Der aktuelle Netflix-Film „Rid­e or Die“ von Ryuichi Hiroki ist dabei zu zögerlich, lässt mit 142 Minuten allzu viel Material stehen.

Im japanischen Original bedeutet der Filmtitel schlicht „sie“ oder „Freundin/Partnerin“. Es ist die Geschichte zweier junger Frauen, Rei und Nanae, die auf einer Manga-Serie von Ching Nakamura basiert.

Die Story beginnt recht blutig stilisiert, nach einem vierminütigen Eröffnungsshot, in dem wir die Hauptfigur Rei begleiten, wie sie in eine neonfarbene Kellerbar geht, sich zielsicher neben einen älteren Herren setzt und ihnen beiden Tequila bestellt. Es ist keine Zufallsbegegnung, wie wir bald erfahren. Für den Mann endet sie recht unangenehm.

Am Vortag hatte Rei, eine Art Schönheitschirurgin von Beruf, einen Anruf von Nanae bekommen, die sie seit 10 Jahren nicht gesehen hat. Damals, in der Schulzeit, war sie unerfüllt verliebt in die Freundin. Nun soll sie ihr aus der Patsche helfen. Ihr Körper ist voll blauer Flecken von den Schlägen ihres gewalttätigen Ehemannes. Rei soll ihn töten und sie befreien.

Was dann folgt, ist eine sentimentalere Variation von „Thelma & Louise“: ein Flucht-Roadtrip nach vollbrachter Rache. Und zudem eine Amour Fou mit langem Atem und erotischen Einsprengseln. Tod und Zärtlichkeit sind dabei nicht weit voneinander entfernt.

Der 67-jährige Regisseur Ryuichi Hiroki hat seine Karriere, wie viele japanische Filmemacher, im Bereich der weitverbreiteten „Pinku eiga“-Softcore-Produktionen begonnen und auch in seinen eigenen Projekten seit den 80ern immer wieder mit Sexualität gespielt, etwa im Berlinale-Beitrag „800 Two Lap Runners“. Mit der Inszenierung der wenigen intimen Szenen in seinem aktuellen Film hat er somit auch keine Probleme. Insgesamt lässt „Ride or Die“ aber frische Ideen und überraschende Roadmovie-Episoden vermissen, auch wenn er einen nicht vorhersehbaren Weg nimmt.

Nach dem atmosphärischen Einstieg verlegt sich der Film mehr auf die Gefühle mit Längen zwischen einigen intensiven Szenen. Homosexualität wird dabei seltsam häufig thematisiert, auch wenn sie für die unerwiderte Liebe von Rei im Grunde unerheblich ist. Die Dialoge umfassen viele Worte, und Soundtrack-Songs mit vielsagenden Titeln wie „Lovefool“ oder „Giv­e Me Your Heart“ begleiten die Flucht der beiden.

Dennoch ist „Ride or Die“ ein ernsthaftes Drama, das zwei interessante Frauenfiguren auf ihrer Flucht in die Freiheit begleitet. Regisseur Hiroki hätte allerdings ordentlich das Schnittmesser ansetzen sollen. (maw)

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