Informationsfreiheit 2 - VfGH gegen „Dissenting Opinion“

Bedenken hegt auch die Justiz - und zwar nicht nur gegen die neuen Auskunftspflichten, sondern auch gegen die ins Gesetz eingeflochtene „Dissenting Opinion“ am Verfassungsgericht. Dessen Mitglieder sollen abweichende Stellungnahmen abgeben dürfen, wenn sie mit einer Entscheidung unzufrieden sind. Der VfGH befürchtet, dass darunter die Akzeptanz leiden könnte und kritisiert zudem, dass der Plan mit dem eigentlichen Zweck der Informationsfreiheit „nichts zu tun hat“.

Auch die Richtervereinigung lehnt Sondervoten am VfGH ab. Sie sperrt sich außerdem gegen zusätzliche Auskunftspflichten bei Rechtsprechung und Ermittlungen. Auch der Verwaltungsgerichtshof lehnt eine Auskunftspflicht über Einzelverfahren ab. Der Dachverband der Verwaltungsrichter fordert, dass die neue Informationspflicht nur für die Justizverwaltung gelten soll, nicht aber für die „Organe der Gerichtsbarkeit“. Als Alternative könnte sich der Verfassungsgerichtshof eine Erweiterung der bestehenden Akteneinsicht vorstellen.

Das Oberlandesgericht Wien kritisiert außerdem die Behauptung der Regierung, das Amtsgeheimnis würde künftig abgeschafft. Das OLG verweist darauf, dass die bestehenden Geheimhaltungsgründe im Wesentlichen auch ins neue Gesetz übernommen werden. Demnach kann eine Auskunft u.a. verweigert werden, wenn die Geheimhaltung zur „Vorbereitung einer Entscheidung“ nötig ist. „Ein rechtlich verbindlicher Bereich, der die staatlichen Organe zur Geheimhaltung verpflichtet, bleibt erhalten, geändert wird nur die rechtliche Systematik, mit der dies angeordnet wird“, schreibt das Oberlandesgericht dazu.

Widerstand gegen die neuen Regeln kommt auch von einer Reihe von betroffenen Institutionen und Firmen. So lehnen die Sozialversicherungen das „Jedermannsrecht“ auf Auskünfte ab, weil es der Selbstverwaltung widerspreche. Die (teil)staatlichen Energieunternehmen fordern eine Ausnahme, weil sie im Wettbewerb mit privaten und börsenotierten Firmen ohne Informationspflicht stehen. Und die Casinos Austria finden Rechnungshofprüfungen ab 25 Prozent Staatsbeteiligung „systemwidrig“.