Nawalny ins Gefängniskrankenhaus verlegt

Der in einem Straflager erkrankte russische Kremlgegner Alexej Nawalny ist in ein Krankenhaus für Gefangene verlegt worden. Das teilte die Gefängnisbehörde am Montag mit. Der Gesundheitszustand des Oppositionellen wurde demnach als „zufriedenstellend“ bezeichnet. Nawalny ist bereits seit mehr als zweieinhalb Wochen im Hungerstreik, um so einen Arztbesuch durchzusetzen. Sein Team warnte vor einem drohenden Herzstillstand.

Nawalny sei in die Einrichtung auf dem Gelände eines anderen Straflagers gekommen, teilte die Gefängnisbehörde weiter mit. Er werde täglich von einem Arzt untersucht. Nach Angaben seiner Anhänger ist Nawalnys Zustand dagegen kritisch. Sie fürchten um das Leben des Oppositionellen. Sein Team warnte eindringlich wegen kritischer Kaliumwerte im Blut vor dramatischen Folgen. Der Oppositionspolitiker klagte zuletzt über Rückenleiden, Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen, Fieber und Husten.

Nawalnys Anwalt Alexej Lipster teilte mit, er warte jetzt in der Strafkolonie im Ort Wladimir bei Moskau auf Zugang zu seinem Mandanten. Er habe aber noch keine Besuchserlaubnis erhalten. Der Leiter von Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung, Ivan Schdanow, erklärte auf Twitter, die Verlegung könne nur bedeuten, dass sich der Zustand des Oppositionellen verschlechtert habe. „Und zwar in einem solchen Maße, dass es sogar der Folterer zugibt.“

Die Nawalny-Mitstreiterin Ljubow Sobol sagte einem Moskauer Radiosender, sie wisse nicht, was mit Nawalny über das Wochenende passiert sei, weil die Anwälte ihn nicht besuchen dürften. „Ich denke, es besteht keine Hoffnung, dass wir heute gute Nachrichten über seine Gesundheit erhalten. Ich denke, sein Zustand ist wirklich sehr kritisch, fast sehr ernst. Zwanzig Tage im Hungerstreik - das ist eine Menge.“

Den Behörden zufolge wird der 44-Jährige jeden Tag von einem Allgemeinmediziner untersucht. „Mit Zustimmung des Patienten wurde ihm eine Vitamintherapie verschrieben“, heißt es in der Mitteilung. Das Krankenhaus in der Region Wladimir östlich von Moskau sei auf „die laufende Beobachtung“ solcher Patienten spezialisiert.

Nawalnys persönliche Ärztin Anastassija Wassiljewa widersprach im Kurznachrichtendienst Twitter den Behörden. Er sei nicht in ein Krankenhaus gebracht worden, sondern in ein anderes Straflager, in dem auch an Tuberkulose erkrankte Häftlinge behandelt werden könnten. „Dies ist überhaupt kein Krankenhaus, in dem sie eine Behandlung für seine Probleme diagnostizieren können“, schrieb sie. Sie forderte am Montag erneut, dass sie Nawalny im Straflager untersuchen dürfe.

Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, machte die russischen Behörden für Nawalnys Gesundheitslage verantwortlich. Die Situation sei sehr besorgniserregend. Russland müsse für eine Behandlung sorgen, forderte Borrell vor einer Videokonferenz der 27 EU-Außenminister.

Die USA, EU, Deutschland und Österreich hatten am Sonntag die russische Führung aufgefordert, dem Gegner des russischen Präsidenten Wladimir Putin medizinischen Zugang zu gewähren. Washington drohte sogar mit Konsequenzen, sollte Nawalny in Haft sterben.

Das Team des Oppositionellen hat für den kommenden Mittwoch zu Proteste aufgerufen - an dem Tag will Putin eine Rede an die Nation halten. Die Behörden warnten nun vor einer Teilnahme an den nicht genehmigten Protesten und kündigten ein hartes Durchgreifen an.

Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte dazu in Moskau der Agentur Interfax zufolge, der Gesundheitszustand von Gefangenen in Russland habe im Ausland niemanden zu interessieren.

Nawalny hatte im vergangenen August in Russland einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt und war monatelang in Deutschland behandelt worden. Russlands bekanntester Oppositioneller wurde im Februar zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.